Max im Gespräch mit Johannes Pohl,
„Lean ist leicht, aber nicht einfach“. Dieser Satz von Johannes Pohl im Laufe des Gesprächs mit Max Meister in der heutigen Folge skizziert auf plakative Weise die besonderen Herausforderungen, die mit Lean Management in einem Unternehmen verbunden sind.
Wie kommt man in Sachen Lean ins „Umsetzen“ innerhalb einer Organisation ist die Thematik dieses Podcasts. Johannes Pohl ist ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet und hat u.a. auch als Co – Autor des Buch „5S, Arbeitsumgebung, Prozesse und Projekte optimieren“ Max Meister auf sich aufmerksam gemacht.
Bei einem Besuch in den Räumlichkeiten der Ludwig Meister Zentrale in Dachau nutzte Johannes Pohl die Gelegenheit für einen sogenannten „Gemba Walk“ in der Ludwig Meister Logistik. Hören Sie in diesem Podcast was ein Gemba Walk ist, seine Eindrücke der Besichtigung und verschiedener Gespräche mit Mitarbeitern, sowies eine Antworten und Empfehlungen an Max Meister, selbst überzeugter Lean Anhänger.
Viel Spaß beim Reinhören.
Bei konkreten Fragen oder für sonstiges Feedback, einfach an max@supplychainhelden.de schreiben.
Transskript
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MAX MEISTER: Neues Jahr, neues Glück. Willkommen zu einer neuen Folge von Max und die Supply Chain Helden. Ich war mir jetzt gar nicht sicher, ob ich meinen Claim noch weiß, weil es schon ein bisschen länger her ist. Aber ich freue mich, es geht wieder los. Und heute gibt es garantiert eine spannende Episode. Allerdings weiß ich noch nicht genau, wohin das geht, in welche Richtung das geht. Da muss ich mich ein bisschen überraschen lassen. Das werdet ihr aber auch gleich erfahren, warum. Heute sitzt bei mir Johannes Pohl. Er sagt von sich, er ist ein Lean Maniac, sein Herz schlägt für Lean. Das hat er mit mir gemein. Und wir haben uns bei LinkedIn kennengelernt. Und er ist Co-Autor von dem Buch „5S, Arbeitsumgebung, Prozesse und Projekte optimieren“. Und er ist Inhaber von PEOPEX. Das ist eine Management Beratung im Bereich Operations und Digitalisierung. Zusätzlich macht er noch den Podcast Business unplugged.
MAX MEISTER: Also, Johannes ist heute hier und er hat den ganzen Vormittag einen Gemba Walk bei uns in der Firma durchgeführt. Und mich interessiert jetzt: was ist das und was hast du gesehen?
JOHANNES POHL: Max, erst einmal herzlichen Dank für die Einladung zu euch hier nach Dachau, zu euch ins Hauptquartier. Und die Möglichkeit auch, diesen Gemba Walk durchzuführen mit deiner Kollegin und Kollegen. Und dann noch jetzt mit dir den Podcast aufzunehmen. (…) Was war das?
MAX MEISTER: Was ist ein Gemba Walk und was hast du gesehen?
JOHANNES POHL: (lacht) Im Endeffekt, was ist ein Gemba Walk? Im Lean Bereich, die gehst, du möchtest an den Ort des Geschehens gehen. Du möchtest das selber sehen, du vertraust jetzt auch nicht unbedingt immer den Aussagen: warum funktioniert dies und jenes nicht? Ich möchte es auch verstehen. Ich möchte es selber sehen und nicht nur einfach Annahmen treffen. Sondern ich möchte es auch persönlich/ mir ein Bild davon machen. Damit ich auch dementsprechend diskutieren kann und sprechen kann. Und wir sind im Prinzip jetzt die Produktion abgegangen. Oder, Produktion ist es bei euch nur teilweise. Aber ihr habt einen sehr großen Logistikbereich. Das ist ja euer Hauptgeschäft. Und haben da im Prinzip mal den Warenfluss von Rampe zu Rampe mal/ sind wir durchgegangen. Und haben mal die Prozesse beobachtet, uns mal an die gewissen Positionen gestellt, mal geschaut: wie läuft das hier? Habe mir die Sache erklären lassen. Ich war ja vorher noch nicht da. Und wir haben da einfach einmal ein bisschen tiefer gegraben. Ich habe Fragen gestellt, wieso und weshalb, was passiert und was ihr so tut und macht.
MAX MEISTER: Also ich muss mich da ein bisschen vorsichtig ran fassen, weil ich/ oder rantasten, weil, ich weiß jetzt gar nicht, was meine Kollegen sozusagen alles erzählt haben. Aber ich bin natürlich gespannt. Wenn du jetzt bei uns hier durchgehst, was fällt dir auf? Oder wenn du jetzt auf meinem Stuhl sitzen würdest, was würdest du als erstes mal angehen und schauen: wie könnte man hier den Bereich „leanen“ oder kontinuierliche Verbesserungen, egal wie es heißt, wie würdest du sowas starten und wo würdest du bei uns hier anpacken?
JOHANNES POHL: (lacht) Ist natürlich jetzt, es gibt keinen, sage ich mal, kein Allgemeinrezept, mit dem man dann startet und sagt: okay, das ist es. Und das kopiere ich jetzt und gebe ich dir und so machst du es jetzt dann. Im Endeffekt ist einmal wichtig, dass man versteht: was ist eigentlich Lean Management? Was steckt denn da dahinter? Für viele steckt immer nur/ du siehst immer nur die Methoden und wir machen 5S und machen Smat und ich weiß nicht, was alles. Aber den Kern verstehen die meisten eigentlich nicht.
MAX MEISTER: Okay, aber dann versuche mal ganz kurz, den Hörern und mir/ und den Hörerinnen und mir den Kern zu erklären.
JOHANNES POHL: (lacht) Ich versuche es kurz und knackig auf den Punkt zu bringen. Wenn man jetzt mal einen der Gründerväter vom Lean Management hernimmt, der Taiichi Ōno, der hat auch einen Satz geprägt. Und zwar: im Prinzip geht es darum, den Zeitpunkt, wo der Auftrag reinkommt, bis zu dem Zeitpunkt, wo dann das Geld am Konto ist, so kurz wie möglich zu gestalten. Und zwar durch das Herausnehmen von Verschwendung. Das klingt jetzt einfach. Es gibt die sieben Arten der Verschwendung. Es ist Transport, es ist Bestand, es ist Bewegung, es ist Überproduktion, es ist Überbearbeitung, es ist Wartezeit oder es ist Defekte. Waren es sieben? Habe ich jetzt einen vergessen?
MAX MEISTER: Ja, ungefähr, ja.
JOHANNES POHL: Also im Englischen merkt man es sich leichter über TIMWOOD, also diese Abkürzung, also Transport, Motion, Inventory und so weiter. Und (…) diese Verschwendungsarten rauszugeben. Gleich mal vorweg. Ich bin auch jetzt nicht derjenige, der sagt: es gibt acht Arten der Verschwendung oder neun Arten. Das wirst du auch wiederfinden. Weil, von denen sage ich: das ist meine persönliche Überzeugung und Meinung. Die, die das sagen, haben es (lachend) nämlich nicht verstanden. Ich weiß, dass oftmals die achte Art der Verschwendung ist: wir nutzen die Kapazität oder das Wissen unserer Mitarbeiter nicht. Und wenn du weißt, was Lean ist, was im Kern dahintersteckt, da ist es jetzt nicht nur mit Methoden und Tools diese (…) Verschwendung rauszuholen, sondern genau das Thema, die Art und Weise wie ich führe, eine Unternehmenskultur zu schaffen, ein lebendiges Verbesserungssystem oder wirklich, dass gelebt wird: im Wesen eine lebendige Verbesserungskultur zu etablieren.
MAX MEISTER: Okay. Also nur, damit ich/ also, wenn ich es jetzt in meinen Worten interpretiere, dann ist Lean zum einen eine kontinuierliche Verbesserung. Aber das Ganze muss wirklich in die DNA von einer Firma oder in die DNA von einem Team, damit es in die Kultur wirklich, oder in das Alltägliche überhaupt übergeht. Und allgemein ist es die Vermeidung von Verschwendung. Also, dass man keine Überbestände und ähnliches hat.
JOHANNES POHL: Genau. Also es muss/ es ist ein Unternehmenskultur Thema. Es ist eine Denkweise. Viele nennen es auch Philosophie. Da tun sich dann die klassischen Controller auch immer schwer damit. Weil das jetzt auch nicht so klassisch ist. Ich habe jetzt das in der Denkweise drin und jetzt mache ich ein Projekt und dann bekomme ich das und das an FTE, spare ich ein oder Material und so weiter und fort. Sondern, wie du schon richtig sagst, es ist ein System der kontinuierlichen Verbesserung. Und auch, dass ich eine Kultur schaffe, die das erlaubt. Die es erlaubt, dass die Organisation sich kontinuierlich verbessert und vor allem dadurch, dass ich auch die Mitarbeiter in den Mittelpunkt stelle. Es geht darum: der Mitarbeiter ist der, der weiß, wie es funktioniert. Wir können beide, okay, du kannst es wahrscheinlich vielleicht noch an der einen oder anderen Stelle sagen, wie die Prozesse unten funktionieren, weil du dich selber schon hingestellt hast. Aber ich kann es nicht sagen. Aber die Mitarbeiter die unten stehen, und die Picks machen, einpacken, verpacken oder produzieren, montieren, das sind die, die wissen wie es funktioniert und wo es hakt. Und die muss ich unterstützen, damit die dann auch diese Verbesserungen dann auch umsetzen können, aber auch aufzeigen. Und das ist ein wichtiger Punkt.
MAX MEISTER: Das verstehe ich. Also jetzt in dem Fall rennst du bei mir offene Türen ein. Das heißt, du hast einen Geschäftsführer vor dir sitzen, der da total dran glaubt. Also das heißt, kontinuierliche Verbesserung in die DNA der Firma. Das muss Teil der Kultur werden. Das ist schon mal eine gute Voraussetzung. Wie würdest du jetzt aber/ oder was wäre jetzt dein Vorschlag für die nächsten Schritte? Du hast vielleicht unten derzeit einen Bereich identifiziert oder du hast viele identifiziert, wo wir Verbesserungspotenzial haben. Das ist das eine. Aber wie implementiere ich so ein Lean in dieses Daily Doing? Und da würden ich gern ein bisschen eintauchen.
JOHANNES POHL: Sehr gerne. (…) Wenn es für dich/ du hast selber gesagt, du brennst auch ebenso für das Thema. Wichtig ist natürlich, dass nicht nur du alleine da für das Thema brennst. Und du wirst jetzt auch nicht nur, wenn du jetzt durch den Shop Floor gehst und sagt: hurra, wir machen jetzt Lean und sind alle happy. Und wir machen dies und jenes, wirst du die Leute auch nicht per se für dich gewinnen.
MAX MEISTER: Also ich habe es schon oft versucht und ich habe es nie geschafft. Also auch da hast du absolut Recht. Ich meine aber, sozusagen wenigstens diese Voraussetzung ist gegeben. Aber wir müssen es ja irgendwie übersetzen. Das ist das, was/
JOHANNES POHL: Genau. Also probieren wir es zu übersetzen. Im Endeffekt, du musst natürlich dein Management/ das muss auch dahinterstehen und es muss es verstehen, was es wirklich bringt. Was steckt denn da dahinter? Und dass es auch wirklich ernst gemeint ist und dass man nicht umfällt, bei jedem Rückschlag. Weil, es wird Rückschläge geben. Es ist so. Du gehst einen Schritt vor und denkst: oh Scheiße, es ist falsch. Ich muss doch anders und wie auch immer und hätten wir es doch anders gemacht und so weiter und so fort. Die Mitarbeiter müssen sehen, dass ihr es dann auch ernst meint. Und das meine ich mit: nicht umfallen. Wenn ich jetzt was einführe, und zwar geht es auch im ersten Schritt darum zu sagen: okay/ ich beginne immer sehr gern damit, dass wir mal Transparenz schaffen. Transparenz, wo stehen wir denn überhaupt? Dass man auch drüber reden kann und Zahlen, Daten, Fakten. Das Shop Floor Management, das mir einfach dieses/ die auch eine Basis schafft für eine Kultur auch der kontinuierlichen Verbesserung, weil, wenn ich kontinuierlich verbessere, muss ich auch/ möchte ich im weiteren Schritt auch irgendwo einen Standard setzen, damit ich dann auch wirklich mich verbessern kann von einem Punkt aus. Und deswegen: ich möchte einen Standard haben, der mir die Basis bildet, den ich auch kontrollieren kann, ob ich Abweichungen habe vom Standard. Weil, nur wenn ich Abweichungen habe, dann kommen Probleme auf und kommen Themen auf. Und ich habe/ und Probleme sind gut. Und die Mitarbeiter müssen dann sehen/ und am Anfang ist oftmals das Problem, dass wenn du so was einführst, dass viele die Angst haben: wir werden kontrolliert. Der will doch nur kontrollieren, ob ich wirklich arbeite. Und du musst davon weggehen und sagen: wir kommen zu einer Kultur, wo wir den Prozess, also „playing the process, not the person“, wo es geht: der Prozess ist nicht gut. Fehler sind menschlich. Fehler macht jeder. Und ich muss mir Gedanken machen: warum kommt es überhaupt dazu, dass du diesen Fehler machen kannst? Nicht du als Person, sondern wirklich, vielleicht muss ich am Prozess was ändern.
MAX MEISTER: Also nochmal kurz den Bogen zurück. Das heißt, als allererstes würdest du empfehlen: den Status Quo feststellen, einen gewissen Standard definieren und das Ganze auch visualisieren. So habe ich es jetzt verstanden. Das Visualisieren aber auf die, sage ich jetzt mal, Leistung der gesamten Logistik oder muss man da auch wirklich auf die einzelne Arbeitsstation runtergehen?
JOHANNES POHL: Ich würde runtergehen oder ich gehe runter, dass ich sage: ich gehe auch in die einzelnen Bereiche. Nicht nur dieses Top Level. Weil, an dem Top Level, da hast du Kennzahlen, die zwar schön sind für dich oder für dein Management. Aber für die Mitarbeiter, die die tägliche Arbeit dann machen, die Verpackung, einlagern, auslagern, umpacken, die können das nicht/ die können es schwer greifen. Die können es schwer greifen, weil, sie können es auch nicht beeinflussen. Und ich möchte auch sozusagen, wenn wir Kennzahlen haben mit denen ihr arbeiten könnt, da wisst ihr, was dahintersteckt. Das heißt, die Anzahl der Picks und vielleicht Defekte oder kommt drauf an, welche Prozesse wir uns da grade anschauen. Dann wissen die: okay, das ist meine Performance und warum habe ich es denn nicht erreicht? Und dann gibt es eine Abweichung vom Plan. Ich habe auch einen Plan dahinter. Und dadurch kann ich sagen: okay, das sind doch Kennzahlen, an denen ich selbst persönlich arbeiten kann, weil ich Ideen einbringen kann, wie ich das verbessern kann. Die kann ich selber beeinflussen. Typische Beispiel ist oftmals der OEE. Der OEE ist auch immer sehr kritisch zu sehen im Lean Bereich. Der ist eine starke Kennzahl.
MAX MEISTER: Hilf mir kurz.
JOHANNES POHL: OEE, Overall Equipment Efficiency oder Effectiveness, nachdem, wo du es dann nachliest. Hier geht es tatsächlich um: du hast eine Gesamtzeit, die eine Maschine zur Verfügung steht, wo du dann auch geplante Stillstands Zeiten hast. Und du hast einfach Leistungsverluste, du hast Qualitätsverluste und so weiter. Und diese Verluste kommen dir dann/ reduzieren dir den OEE, der wird in Prozent angegeben. Und der geht sehr stark auch auf das Thema Auslastung. Und auf der Lean Seite, du schaust eigentlich eher mehr Flussorientierung, als Auslastungsorientierung ist es relativ schwierig. Und es wird IMMER unterschiedlich kalkuliert, so ein OEE. Ich war mal in einem Unternehmen, die haben acht Werke gehabt und jedes Werk hat es unterschiedlich berechnet, den OEE. Und das ist auch schwer zu greifen. Für Mitarbeiter am Shop Floor, (…) was soll ich damit? Wie kann ich den beeinflussen? Ja, er kann ihn beeinflussen mit einem Rädchen unten, wenn er sagt über Planzeit, so wie Ist Zeit. Also, fahre ich zum Beispiel die richtige Geschwindigkeit, die Plangeschwindigkeit, die die Maschine fahren soll? Oder bin ich vielleicht langsamer? Wenn ich langsamer fahre, habe ich Verluste. Und das schlägt sich natürlich dort nieder. Aber diese Berechnung, das ist dann schon wieder zu komplex und kompliziert. Es muss einfach sein. Und sie müssen sagen: okay gut, es geht darum: fahre ich die Geschwindigkeit, die die Maschine fahren soll, ja oder nein? Ich habe ein Beispiel: bei einem Unternehmen, die machen Kartonagen. Und die bedrucken die Kartonagen. Und diese Kartonagen, die fahren 5.000 Stück pro Stunde, wird irgendwo bedruckt. Und die sind regelmäßig nur 3.000 Stück gefahren oder weniger. Und dadurch hast du einen Verlust. Wenn du nur 2.500 pro Stunde fährst, hast du einen Verlust und der schlägt sich auch kostentechnisch nieder. Der Prozessschritt kostet dich dann mal das Doppelte, verglichen zu deiner Kalkulation. Aber das ist was, woran die Mitarbeiter auch/ wo die sagen können: an dem kann ich arbeiten, da habe ich einen Einfluss drauf.
MAX MEISTER: Also das verstehe ich. Bei uns könnte das zum Beispiel die durchschnittliche Logistikleistung sein, die wir theoretisch rausbringen. Und dann könnte ich immer die Differenz schauen: wie bin denn aktuell? Also, wenn wir, sagen wir jetzt am Tag/ haben wir 2.000 Positionen. Das heißt, bei einem 10-Stundentag habe ich 200 Positionen pro Stunde. Und wenn ich aber nur hundert liefere, habe ich ein Thema.
JOHANNES POHL: Müsste man sich anschauen. Aber es wäre sowas, wo ich sage: warum haben wir nicht eigentlich unsere Planleistung erreicht? Woran liegt es? Und nicht die Person. Da sind wir wieder. Sondern wieder das Thema Prozess.
MAX MEISTER: Genau. Also, ich habe mit dem Michael Althoff auch sozusagen zum Thema 2seconds lean den einen Podcast gemacht. Und das ist sowieso das Wichtigste: es geht ja wirklich nicht da drum, irgendwo einen Schuldigen zu finden. Sondern es geht da drum, dass man es verbessern will. Also deswegen, es geht um die Optimierung von einem Prozess, von den Arbeitsbedingungen. Es geht nicht da drum zu sagen: du hast was falschgemacht.
JOHANNES POHL: Absolut. Und das Thema ist: DAS aber in die Köpfe der Mitarbeiter zu bringen. Und das geht nur, indem du es auch vorlebst und zeigst und sagst: okay gut, wir kümmern uns und ihr seid uns wichtig. IHR seid die, die wissen wie der Prozess läuft. Ich weiß nicht. Und mir geht es nicht darum, dass du heute das falsch verpackt hast oder eine Palette zu wenig hast. Dass DU schuld bist, du hättest schneller arbeiten müssen. Sondern: wie können wir es sicherstellen, dass diese Qualität in den Prozess reinkommt? Dass wir es auch wirklich/ oder diese Stabilität in dem Prozess in dem Fall, die Stabilität reinkommt. Weil, wir wollen in der Produktion stabile Prozesse. Stabile Prozesse oder in der Logistik, weil, damit kann ich planen, damit kann ich auch/ weiß ich auch, wenn ich da stabil bin und wenig Schwankungen habe, habe ich auch einen Standard und dann kann ich das, wenn ich Abweichungen habe, auch verbessern.
MAX MEISTER: Also im Abstrakten ist es mir klar, was ich machen soll. Wie würde das jetzt aber konkret ausschauen bei uns?
JOHANNES POHL: Konkret bei euch? Also ich kann mir das tatsächlich so vorstellen: wenn man das Thema Shop Floor Management aufsetzt, dass man sich einmal ganz konkret Gedanken macht und dieses, wie es auf Neudeutsch heißt, dieses Policy Deployment oder Hoshin-Kanri, egal wie du es jetzt nennst, aber im Endeffekt, dass du mal sauber das runterbrichst von oben nach unten von den Kennzahlen her. Was ist euch wichtig und was bedeutet das für die einzelnen Ebenen? Und was bedeutet es dann aber auch wirklich am Shop Floor? Welche Kennzahlen spielen da mit rein, damit wir das Gesamtziel auch erreichen und die die auch beeinflussen können. Und dann ist es das Thema aufzusetzen. Also eine kaskadierte Kommunikation. Tägliche Besprechungen. Wo täglich drüber gesprochen wird, wo täglich über die Abweichung gesprochen wird. Wo täglich aber auch Verbesserungsmaßnahmen oder Themen besprochen werden: wie kann ich es denn bessermachen?
MAX MEISTER: Also ich habe vorher, als ihr sozusagen zur Mittagspause gekommen seid, habe ich eine Diskussion bei euch mitbekommen, dass wir beispielsweise kundenseitig ziemlich genau schauen, wie unsere Lieferperformance ist. Also, wieviel Sendungen haben wir on Time? Also Wunschdatum des Kunden oder auch bestätigtes Datum. Also da haben wir unterschiedlichste Auswertungen. Und da hattet ihr die Idee, als Hauptkennziffer eigentlich zu sagen: wie ist denn die Lieferperformance insgesamt, für die gesamte Firma?
JOHANNES POHL: Ja, aber auf einer/ das wäre vielleicht jetzt/ kann interessant sein für die Mitarbeiter am Shop Floor. Aber im Prinzip ist das/ wäre für MICH persönlich, wenn ich mir das anschaue: wie gut bin ich? Weil, das Thema: was wollen wir? Wir wollen pünktlich liefern, wir wollen die richtige Menge liefern, in der richtigen Qualität. Dann sind die Kunden zufrieden. Nebst den Kosten, dass es auch noch passen sollte. Aber wenn die Dinge gegeben sind, dann sind die Kunden zufrieden. Und ich möchte ja daraus für mich ableiten, nicht nur, dass ich einen Kunden zufriedenstelle, sondern: wie ist meine Gesamtperformance als Unternehmen? Weil, der Punkt den, Entschuldigung, wenn ich da jetzt/ (lachend) du setzt grade schon zweimal an zum Reden. Jetzt bin ich rausgekommen. (lacht)
MAX MEISTER: Ja, das macht nicht. In dem Fall kann ich meine Frage nochmal/
JOHANNES POHL: Genau, mach du die Frage, dann hak ich da nachher ein.
MAX MEISTER: Also das heißt, man könnte sagen: für die Gesamtlogistik ist eine Kennziffer schon die on time delivery. Da spielt auch der Einkauf mit rein, ob die Ware rechtzeitig da ist. Und das ist aber wirklich/ haben wir den Kunden zufriedengestellt? Und dann könnte ich zum Beispiel als zweite Zahl noch die/ also wieder für die gesamte Logistik, die Anzahl der internen Calls, das sind in der Regel dann Themen, wo wir einen Fehler gemacht haben, wo die falsche Ware gekommen ist oder zu wenig oder ähnliches. Damit hätte ich die Qualität. Also einmal hätte ich die Pünktlichkeit und einmal die Qualität unserer Lieferungen. Aber das wäre für die gesamte Logistik. Du würdest dann sagen: wenn man es runterbricht, dass man schon eher schauen muss, ob die/ sozusagen die persönliche, stündliche Leistung, was er erbringen kann, dass die sozusagen visualisiert ist und dass die der Kollege oder die Kollegin sehen kann. Habe ich das richtig verstanden? Also das ist zweigeteilt eigentlich.
JOHANNES POHL: Genau. Du hast ja auf unterschiedlichen Ebenen unterschiedliche Kennzahlen. Weil, das eine ist natürlich super schön, auch um zu zeigen: wie verbessern wir uns als Gesamtsystem? Und es bedeutet aber: es gibt viele kleine Stellhebel die dazu führen, dass wir dort auch besser werden. Du hast vorhin grade Einkauf gesagt. Wie es mit den Lieferanten/ ihr könnt die Performance perfekt hier haben und alle Sachen verpacken in der Zeit die ihr zur Verfügung habt. Aber möglicherweise sind nicht alle Teile da. Sprich, da sehen wir den ganzen Wertstrom. Also wir können/ sind da Abweichungen da, zu sagen: warum schaffen wir das nicht? Woran liegt es? Und woran müssen wir arbeiten? Und dann nicht nur auf die einzelne Person, sondern auch Wertstrom bezogen, können wir uns auch das anschauen. Aber nachher für die Mitarbeiter selbst, der sagt: okay, super, haben wir geschafft. Das ist gut, um das irgendwie auch von der Motivation, um zu zeigen: unser Ansatz, wir wollen ins Lean gehen, wirkt sich aus. Wir werden in den und den Kennzahlen besser. Dadurch, dass wir an vielen kleinen Stellschrauben drehen. Aber der Mitarbeiter selber, für den ist auch im Prinzip spannend: wie schaut es denn bei dem auch aus am Arbeitsplatz? Schaffe ich das oder schaffe ich es nicht, die Zeit? Wie können wir gemeinsam besser werden? Wie kann ich mir meinen Alltag auch besser gestalten? Und da geht es nicht drum, ich sage mal, Lean ist leicht, aber nicht einfach. Die Methoden und so, die sind alle eigentlich sehr leicht und leicht verständlich. Aber EINFACH ist es nicht. Weil, du musst dahinter bleiben, du musst es wirklich nachhaltig umsetzen. Und dafür wäre dieses Shop Floor Management auch da, dass ich sage: ich schaffe das Umfeld, um auch Standards zu kontrollieren, ob ich Abweichungen habe, ja oder nein. Und auch dann dementsprechend die Informationen kanalisiert weitergeben kann. Und das dann auch wirklich auch gelebt wird. Das setzt auch voraus, dass die Leute/ oder das ist eine Art des Führens, führen durch Fragen, dass diese/ die Team Leads, die dann Besprechungen machen oder Schichtleiter und so weiter und so fort, dass die auch ein Verständnis zu dem Thema haben, mit dem sie dann auch/ dass das sie auch weitergeben können. Weil, ich kann nicht erwarten, dass ich jetzt reingehe und sage: wir machen Lean und alle wissen: okay, was sind die sieben Arten der Verschwendung? Und wie geht es? Sie sollen sehen lernen. Sehen lernen von Verschwendung. Viele Leute/ wir hatten unten ein Beispiel. Wir haben uns angeschaut im Wareneingang. Und ich habe gesagt: ich bin mir sicher, wenn ich jetzt hier frage: was würdest du anders machen an dem Arbeitsplatz? Passt das für dich? Kommt nicht wirklich was. Obwohl sie um fünf Palletten rund herum gehen muss, die Person, um was abzulegen und wieder zurückgehen muss. Die Chance dabei besteht, dass sie drüber stolpert, sich verletzt, dass sie erstens Mal diese mehr Meter geht, Zeit verliert und so weiter und so fort. Da sieht man schon mal, das ist alltägliches Leben. Aber das zu sehen, muss auch gelernt werden.
MAX MEISTER: Absolut. Es geht mir ja selber so. Dass ich sozusagen in meinem eigenen Umfeld Prozesse, die vielleicht gar nicht sinnvoll sind, gar nicht hinterfrage. Sondern ich mache die so, weil ich sozusagen auch nicht/
JOHANNES POHL: Geht mir genauso. Geht mir ja genauso. Und sich das wach zu rütteln oder von extern einfach einmal sagen: okay, wir fragen mal: was ist los? (lacht)
MAX MEISTER: Also tatsächlich, ich will nachher das gleich nochmal ein bisschen auf Beispiele eingehen. Wo du sagst: das sollte bei uns auch/ das würdest du versuchen zu verändern. Du hast aber eine Begrifflichkeit noch sozusagen strapaziert. Das ist Standard definieren und Abweichungen sozusagen erkenntlich machen. Was meinst du da genau damit? Und wie kann das helfen sozusagen auf dieser Reise ins Lean?
JOHANNES POHL: Also der Standard hilft dir insofern, dass du die/ sage ich mal, das System oder die Entwicklung deines Systems so hältst, wie sie aktuell ist. Da gibt es dieses schöne Bild von der Kugel, die den Berg hinauf rollt, die immer besser wird, das System. Aber damit du das Zurückrollen in einen schlechteren Zustand verhinderst, setzt du Standards. Das ist der Keil dahinter, den du reinsteckst. Und du kannst diese Standard/ du kannst ja nun definieren. Machst einen Standardarbeitsablauf. Gibt es Arbeitsblätter, wie auch immer du das dann machen möchtest, visuell mit Bildern, textlich et cetera pp. Aber die Abweichung, du musst einerseits auch sicherstellen, dass du diese Standards einhältst und dafür ist das Shop Floor Management auch da, dass du auch möglicherweise die Überprüfung integrierst irgendwo in der Woche mal, sagst: wie läuft denn der Prozess? Und WENN du dann abweichst aus diesem Standard, weil ich auf einmal die Schraube anders reindrehe oder das Material anders nehme oder/ gibt es ja unterschiedliche Themen, dass du dich hinterfragst: warum mache ich denn? Das ist eine Abweichung von Standard, ist ein Potenzial zu einer Verbesserung. Vielleicht ist es besser oder es ist schlechter. Und wenn es besser ist, dann passe ich ihn wieder an. Und dann habe ich mein Gesamtsystem wieder um ein Stückchen verbessert.
MAX MEISTER: Das heißt, Standard heißt für dich in dem Fall zum Beispiel die Prozessbeschreibung eines Kommissionier Ablaufs? Oder sozusagen eines, ja, Kommissionier Prozesses. Also ich nehme erst das, dann muss ich das kommissionieren. Dann nehme ich das raus, dann verpacke ich es. Also das sind, sage ich mal, fünf Schritte. Und dass man das in irgendeiner Form sich aufnotiert. Das wäre dann ein Standardprozess, oder/
JOHANNES POHL: Ja genau. Einerseits, wie würde ich das machen? Kannst natürlich so runterbrechen, das wäre jetzt/ am schönsten machst du es visuell, weil, ich arbeite gern mit visuellem Management, dass du mit Bildern/ aber du kannst auch davon reden: wie ist mein Arbeitsplatz gestaltet? Ich habe dann für mich einen Arbeitsplatz, wo jetzt was liegt und hängt und steht und wie auch immer, sage ich mal. Und wenn das auf einmal nicht mehr so der Fall ist, dann überlege ich mal: warum?
MAX MEISTER: Der Vorteil von der Arbeitsplatz Gestaltung ist, dass ich nicht in eine Liste schauen muss: wie ist der Prozess? Oder wo liegt was? Also ein Beispiel: eine Schere liegt immer an der gleichen Stelle. Weil es sozusagen eine Vertiefung ist, die genauso ausschaut wie eine Schere. Dann lege ich es da rein.
JOHANNES POHL: Das ist ein klassisches Shadow Board. Ja das hilft natürlich, dass du sagst/ dass du dir überlegst: welche Materialien brauche ich? Und dann habe ich die da. Und wenn ich es jetzt nicht dahabe, ist ein klassisches Ding. Warum liegt denn die Schere nicht da? Und dann frage ich mich: warum liegt die Schere nicht da? Weil der Kollege drei Tische weiter eine brauchte. Warum hat der Kollege drei Tische weiter eine gebraucht? Ja, dem ist seine kaputt gegangen. Und dann kommst du und sagst: okay, was ist, wenn Schere kaputt geht? Vielleicht haben wir dafür auch noch nicht wirklich irgendwie einen Prozess, wie wir das sicherstellen können, vielleicht müssen wir es irgendwie abfragen oder wie auch immer, wie das dann gestalten können, um einfach auch besser zu werden, damit das dann nicht ist. Weil, wenn der es sich drei Tische weiter nimmt, da habe ich es am Tisch nicht, da muss ich wieder suchen gehen und fragen gehen.
MAX MEISTER: Also das verstehe ich. Grundsätzlich wäre ich dann oder wäre es mir wahrscheinlich immer lieber, ich würde versuchen die Arbeitsumgebung so zu bauen, dass sich der Standard von alleine definiert. Weil, meine Befürchtung wäre, selbst wenn ich eine Standard Prozessbeschreibung habe, in der Regel schaut die keiner an. Also die existiert dann irgendwo und einmal in der Woche diskutiert man drüber: machst du es nach dem Standard Toni? Ja wohl, mache ich. Und eigentlich macht er nichts nach dem Standard.
JOHANNES POHL: Der Klassiker. Also wie schulen/ schulen ist das Allheilmittel immer. (lacht)
MAX MEISTER: Aber okay, also das/
JOHANNES POHL: Nein, aber ich bin bei dir. Ich bin bei dir. Wenn ich meinen Arbeitsplatz oder wenn ich das so gestalte, dass ich es gar nicht falschmachen kann, dann ist das super. Da sind wir wieder bei dem Thema, auch diese Qualität in einen Prozess reinbringen. Wie stelle ich sicher, dass du eigentlich den/ anhand den Deckel nicht falsch montieren kannst? Ich kann die Schrauben asymmetrisch setzen, ich kann noch so eine Nase machen, so klassische Poka Yoke Lösungen im Produkt, Produkt Poka Yoke. Aber vielleicht gibt es auch Prozess Poka Yoke die ich einsetzen kann, um dann/ also sind Poka Yoke steht dafür, dass ich sage: wie/ ein Produkt so zu gestalten, dass ich es gar nicht anders montieren kann.
MAX MEISTER: Das ich nicht falschmachen kann.
JOHANNES POHL: Dass ich es nicht falschmachen kann. Oder klassisch, sage ich mal jetzt, Aktenschrank. Du kannst auch immer nur eine Lade rausziehen und nicht zwei auf einmal, sonst kippt dir das Ding. Da gibt es eine Mechanik dahinter. Und das ist auch so eine Poka Yoke Lösung. Und genau sowas, wenn du sowas in den Prozess reinbekommst… und da auch kreativ sein. Da auch in den Themen auch kreativ sein. Und dann nach dem Motto „use your brain instead of your money“, sagen: okay, ich überlege mir zuerst mal. Weil, viele denken auch immer ganz krass gleich in die Automatisierung. Du hast mir auch erzählt, da kommt immer gleich: ja, wenn wir das in der IT so und so umprogrammieren, dann könnten wir das/ dann wäre das viel besser. Wo ich sage: vergiss jetzt die IT, überlege mal, es gibt so viele Themen, die wir einfach, einfach lösen könnten, nur durch einfache Sachen. Da geht es nicht immer drum, dass wir Geld in die Hand nehmen müssen. Es muss nicht viel kosten. Und es ist oftmals (…) hundert Prozent wirksam.
MAX MEISTER: Also das glaube ich sofort. Also tatsächlich dieses/ also der ständige Schrei nach: da brauchen wir eine IT-Lösung, das geht mir tatsächlich total auf den Geist. Weil, nur weil wir das können, will ich das nicht den ganzen Tag machen. Weil, wir müssen uns ganz stark fokussieren. Wir haben komplexe Themen. Und oft ist es auch so: wenn man meint, an einem Prozess zu optimieren, aber das hat so viele Nachteile für andere, dass das/ da muss man, finde ich, sehr gut aufpassen. Und desto weniger man IT-seitig anpasst, desto besser. Finde ich in der Regel.
JOHANNES POHL: Ja, vor allem, wenn du Verschwendungen automatisierst oder irgendwie digitalisierst, dann bekommst du sie nicht mehr raus. Ich habe ein Beispiel: ich war mal bei einem Kunden. Die machen Reinigungsgeräte und haben so Düsen. Und haben Düse aus zwei unterschiedlichen Werken bekommen. Und die hatten Qualitätsprobleme. Und um da dann zu wissen: aus welchem Werk kam das, haben sie immer so in ihrer Maschine einen Prozessschritt eingebaut, wo die Düse markiert wurde. Und irgendwann haben sie das Sourcing umgestellt und haben es nur noch von einem Werk bezogen. Und dann haben sie auch eine neue Maschine gebaut. Aber, der Prozessschritt, den gibt es noch immer. (lacht) Also, nur so als Beispiel. Ist einmal automatisiert, denkt auch keiner, so dieses klassische deutschsprachige, ich bin ja Österreicher, deswegen sage ich immer deutschsprachig. Wir werden es jetzt nicht auf die Deutschen beziehen. Dieses Over Engineering, wir tüfteln lieber noch und bauen noch was dazu, anstatt, dass wir uns vielleicht auch mal überlegen: können wir was wegnehmen und können wir das nicht einfacher machen?
MAX MEISTER: Also das passiert mir auch regelmäßig, dass ich an Themen rum designe, die man auch im Prinzip sparen kann. Also das ist/
JOHANNES POHL: Genau, wo du sagst: mal kurz einen Schritt zurück, überlegen: geht es nicht mit weniger auch? (lacht)
MAX MEISTER: Okay, also ich habe jetzt zumindest mal die ersten Schritte verstanden, die wir machen können. Bevor wir jetzt nochmal versuchen im Detail rauszubekommen, was ich morgen in der Früh um acht mache, wollte ich noch schnell nach einem Begriff fragen. Du hast Shop Floor Management mehrmals genannt.
JOHANNES POHL: Ja.
MAX MEISTER: Kannst du das bitte nochmal genauer beschreiben, was du dahinter verstehst?
JOHANNES POHL: Also, was ist Schlüssel bei Lean? Im Lean Bereich ist auch, die Führungskräfte viel am Shop Floor sind. Ich brauche keine Führungskraft die ständig im Büro sitzt und hinter dem Bildschirm und hinter Excel und so weiter. Da habe ich genügend Beispiele, auch Projekte gehabt, wo dann genau das mit dem Drucker Beispiel, wo die sagen: warum? Ihr könnt 5.000-mal, warum fahrt ihr nur 3.000? Ja, da macht es weniger Probleme, aber ist ja eh ihm egal. Weil, der sitzt eh nur in seinem Kämmerchen, hinter seinem Bildschirm. Es zeigt sich, ob du eine gute Führungskraft in dem Bereich bist, im Prinzip wie viel du auch wirklich am Shop Floor verbringst Zeit, um die Sachen zu verstehen und so weiter und da dahinter zu steigen. Und auch wirklich an den Themen zu arbeiten. Und das Shop Floor Management hilft, einerseits, dass du die Informationen schnell und sauber kaskadiert hochträgst und zusammenfasst. Sprich, innerhalb von eineinhalb Stunden jeden Tag, weiß das gesamte Unternehmen: was ist in den letzten 24 Stunden passiert? Was passiert heute und was kommt auf uns zu in den nächsten 24 Stunden? (…) Du die Möglichkeit hast, auch die Themen/ also, du hast das Ohr auch direkt an den Mitarbeitern. Was sind die Probleme, was sind die Themen? Wo sind Probleme, was können wir verbessern? Das auch zu besprechen, auch im kleinen Kreis, kurz zyklisch, gleich zu verbessern. Und, wie gesagt, es hilft dir, dass dein System, weil du kontinuierlich dranbleibst, auch an dem Stand ist, dass du nicht wieder zurück sackst in den schlechteren Zustand.
MAX MEISTER: Das heißt, Shop Floor Management heißt: die Führungskräfte arbeiten wirklich sozusagen da, wo die Action passiert. Und arbeiten zum Teil natürlich mit. Aber schauen vor allem drauf, stellen Fragen, versuchen Themen zu identifizieren und versuchen die dann gemeinsam zu lösen. Also das ist vielleicht ein bisschen die Übersetzung, oder?
JOHANNES POHL: Ja. Wie du es dann genau benennen magst. Aber in die Richtung geht, dass du sagst: ich bin auch dort, wo die Action passiert. Ich visualisiere auch, ich habe auch die Transparenz da, ich schaffe diese Transparenz durch diese Kennzahlen. Wo sind wir gut, wo sind wir schlecht, wo haben wir Probleme, wo müssen wir was tun? Wo stehen wir auch? Es ist auch ein Thema, was ich gern mache mit meinen Kunden, dass wir dann auch, wenn wir die Verbesserungsvorschläge aufnehmen, das auch gleich mal diese Feedback Schleife passiert. Was passiert denn? Ich habe vorhin mit dem Matthias gesprochen. Und da kam es drum: ja, wir haben das auch schon gestartet. Und dann kamen ganz viele Projekte rein und so weiter, jeder ist motiviert. Aber die Frage ist: gab es auch Feedback? Warum machen wir gewisse Themen vielleicht nicht? Oder warum setzen wir die jetzt auf on hold und warten noch ein bisschen, bis wir die angehen? Das ist im Prinzip was, was viele Mitarbeiter wissen wollen und auch, damit sie motiviert bleiben. Da geht es um Transparenz. Ich habe einen Vorschlag gemacht, der wird umgesetzt. Warum wird der noch nicht umgesetzt? Oder warum haben sie sich dagegen entschieden? Nicht aussitzen und warten, bis das irgendwo im Sand verläuft. Sondern wirklich auch Feedback zu geben, dann weiß jeder auch Bescheid und dann bleibt auch jeder auch irgendwie in gewisser Hinsicht motiviert. Weil, wenn ich Vorschläge mache und es passiert nichts, dann muss ich auch sagen: irgendwann verliert man doch die Lust.
MAX MEISTER: Ja, absolut nachvollziehbar. Also ist total logisch. Also wenn ich jetzt von den Themen, die du bisher besprochen hast oder die du bisher beschrieben hast, wenn ich da uns eine Note geben würde, dann würde ich jetzt sagen so: ja, ein Bemühen ist durchaus erkennbar. Also wir haben einige, sage ich mal, Werte, die wir also/
JOHANNES POHL: Stehts bemüht oder wie? (lacht)
MAX MEISTER: Genau, war stets bemüht. Also wir haben ein paar KPIs, die müssen wir vielleicht noch ein bisschen besser runterbrechen. Ich glaube wir haben auch schon einiges so an Kommunikation in die Richtung gemacht. Ich glaube das was du grade gesagt hast, das ist uns teilweise nicht gut geglückt, dass wir De-priorisierungen schlecht kommuniziert haben oder zu wenig. Das könnte ich mir vorstellen, ist ein Grund, warum es bisher bei uns nicht funktioniert hat. Aber versuche grade so ein bisschen rauszufinden, warum ich heute noch nicht zufrieden bin. Oder, warum hat es noch nicht so geklappt, wie ich mir das vorstelle? Was ist denn dein Eindruck?
JOHANNES POHL: Was ich vermisst habe bei euch?
MAX MEISTER: Ja genau.
JOHANNES POHL: Ihr habt tatsächlich auch irgendwie keine/ also, wenn du sagst: ich möchte in dieses Thema Lean, diese Vision, diesen Nordstern, wie es im Lean Thema ist, zu sagen: das ist das was wir erreichen wollen. Das ist das, woran man sich auch orientieren kann, wo die Mitarbeiter sich orientieren können, wo auch sagen: das sind unsere Ziele, das sind auch unsere Werte, wonach wir Entscheidungen treffen. Das ist die Basis, so wollen wir gestalten. Damit die nachvollziehen können: warum tun wir gewisse Sachen.
MAX MEISTER: Also das haben wir. Aber mit Sicherheit zu wenig kommuniziert. Also das wäre jetzt meine Erklärung.
JOHANNES POHL: Es ist ein Thema, das reinzutragen, auch dieses Verständnis zu schaffen. UND, ich habe es vorher schon erwähnt, wenn du mit dem Thema Shop Floor Management beginnst und Kennzahlen aufnimmst und sagst: okay, warum hast du jetzt nicht 1.000 Stück, sondern nur 800 Stück geschafft pro Stunde? Da fühlt sich gleich jeder kontrolliert. Und das wirklich ernsthaft zu meinen, zu sagen: okay gut, ich möchte euch nicht kontrollieren, wir wollen das Gesamtsystem besser machen. Und das dann noch zu zeigen: wenn ihr/ wenn wir insgesamt besser werden, dass wir nicht mehr, dieses: mit dem Finger auf dich zeigen: du hast das nicht geschafft. Sondern: wir wollen einfach gemeinsam besser werden. Und das auch leben und zeigen und Vorbild/ sind dort in der Richtung. Dann kommt es einmal in die Köpfe rein und dann beginnt es zu ticken. Und es geht nicht von heute auf morgen. Das ist eine ständige Reise, eine kontinuierliche Reise. Und du hast gesagt: wir können Prozesse optimieren. Und ich komme da gern auf einen meiner Professoren von meinem Institut, wo ich promoviert habe, zurück, der gesagt hat: Optimum kann man nicht erreichen. Und genau das ist auch der Hintergedanke von Lean. Es gibt kein Optimum. Die Welt dreht sich ständig. Ich kann was verbessern. Aber morgen passt es vielleicht schon gar nicht mehr, weil sich wieder die Randbedingungen ganz geändert haben. Und wie auch immer.
MAX MEISTER: Und was für Tipps hast du, um diese/ sozusagen die Angst vor Transparenz und sozusagen die Sorge um Benchmarking jetzt von den Kolleginnen und Kollegen zu entkräften? Wie würdest du das jetzt an meiner Stelle machen?
JOHANNES POHL: (lachend) Das ist eine spannende Frage. Ich glaube es ist ganz wichtig, du hast immer/ das ist ein klassisches Transformationsthema. Das ist ein Kulturthema. Du hast die Leute die vornewegrennen und sagen: wir haben Bock drauf, wir machen was. Die hast die, die abwarten. Und dann hast du auch welche, die du nie ändern wirst. Du wirst dich aber mit den Sorgen und Ängsten auseinandersetzen müssen. Was ist eigentlich euer Thema? Und du wirst die auch widerlegen müssen oder das einfach vorleben müssen. Es ist einfach auch eine Führungsfrage, eine Kulturfrage, denen auch zu zeigen/ weil, wir reden auch davon, dass, WENN WIR so ein Shop Floor Management machen oder auch Lean einführen, wir wollen die Verantwortung an die Mitarbeiter bringen. Dass sie sich verantwortlich fühlen für den Prozess. Und sagen: das ist mein Prozess. Ich bin verantwortlich dafür und ich finde es Scheiße, dass der nur 800 Stück die Stunde/ dass wir heute nur 800 Stück rausgebracht haben, anstatt 1.000 und so weiter. Und, dass er auch die Möglichkeit hat, selber das Ding zu verbessern. Und nicht wartet: darf ich das jetzt oder darf (leise) ich eher nicht? Im Endeffekt möchte ich, dass achtzig Prozent der Probleme im Shop Floor selbständig gelöst werden, dass die nächste Ebene damit gar nichts zu tun hat. Sondern nur mit zwanzig Prozent. Und von diesen zwanzig Prozent löst diese Ebene wieder achtzig. Und eskaliert wieder nur zwanzig auf. Bei dir dürfen nur ein, zwei Themen ankommen, maximal, wo du wirklich dann sagst: okay gut, wir gehen jetzt links oder wir gehen rechts. Ein wichtiges Thema, das ich festgestellt habe, das ich jetzt grade angesprochen habe. Du sagst: wir gehen links oder rechts. Und genau DAS erwarten sich auch dann die Leute am Shop Floor. Die erwarten sich oftmals, dass einfach Entscheidungen getroffen werden. Was machen wir auch? Und auch klar kommuniziert werden. Und sie auch die Möglichkeiten haben und involviert sind. Wenn du Veränderungen anstößt, du musst diese mit involvieren. Wenn du selber jetzt/ wenn ich dir jetzt vorsetze: du machst das hier heute so und so, deine Abrechnung, dann sagst du: also Johannes…
MAX MEISTER: Ist die Begeisterung groß.
JOHANNES POHL: Ja genau, super. Mach mal. Aber im Endeffekt mache ich es dann wie ich möchte. Aber wenn du es selber mitentwickelst, dann ist das ganz anders. Dann ist die Akzeptanz eine ganz andere. Und das dauert vielleicht an der einen oder an der anderen Stelle länger, vor allem am Anfang, bis dann auch gewisse Themen kommen. Aber das liegt auch daran, dass sich die Leute in dieses Denkmuster oder in diese Art des Denkens auch rein/ oder es erlernen müssen. Und auch inhalieren müssen. Und das dauert, bis diese Kultur/ so eine Transformation dauert. Aber wenn du dann dieses Momentum aufgenommen hast, dann läuft es. Der Anfang, diesen Ball zu schieben, da brauchst du am Anfang viel Kraft. Aber dann läuft es und dann wird es einfacher.
MAX MEISTER: Also ich glaube auch tatsächlich, dass bei uns jetzt der richtige Zeitpunkt ist, nochmal den Ball anzuschieben. Weil wir in sozusagen den letzten ja, anderthalb Jahren, haben wir wirklich einfach auch in Personal investiert und haben die Mannschaft so verstärkt, dass wir nicht mehr nur mit Feuerlöschen und wir kommen gerade hinterher, beschäftigt sind. Deswegen glaube ich, was ja sozusagen für die Führungskräfte dann wichtig ist, ist, dass sie auch freie Kapazität haben, sich mit den Themen zu beschäftigen. Also wenn ich keine Zeit habe nach einem Standard zu fragen oder keine Zeit habe, mal Abweichungen wirklich zu besprechen, dann wird es natürlich schwierig mit einer Lean Einführung. Also deswegen, der Zeitpunkt ist jetzt eigentlich schon der richtige, glaube ich.
JOHANNES POHL: Absolut, wenn die Zeit haben ist es super. Aber es müssen auch die Mitarbeiter im Shop Floor die Zeit haben. Sprich, wenn DIE Verbesserungen haben und die entweder sich Gedanken machen, wie sie Zeit einsparen und ihr Leben angenehmer machen, (…) dann sage ich: okay, dann nutzt die Viertelstunde die du eingespart hast, geh einen Kaffee trinken und überlege noch, wie du noch besser werden kannst oder was du noch machen kannst, wie du dein Leben noch angenehmer machen kannst. Und das darf nicht immer automatisch in Arbeitsverdichtung umgewandelt werden. 15 Minuten gespart, super, du kannst mehr machen.
MAX MEISTER: Ja okay, das/
JOHANNES POHL: Einfach zu sagen: okay, komm. Irgendwann GEHT ES natürlich in die Arbeitsverdichtung, wenn ich so viel Zeit, (lachend) Freizeit habe, dann ist irgendwann natürlich schon noch das Thema. Aber bei Yellow Tool, die geben ihnen dreißig Minuten am Tag, wenn ich die Folge richtig erinnere.
MAX MEISTER: Ja genau, die haben dreißig Minuten am Tag für Prozessoptimierung.
JOHANNES POHL: Und weil ich sage: wenn du was findest, super. Ich zahle dir auch den Kaffee, gehst einen Kaffee trinken und überlegst dir nochmal die nächsten dreißig Minuten und wenn du das rausbekommst und so weiter und so fort. Aber wenn die immer das Gefühl haben: ich wäre besser oder mache was und dann bekomme ich gleich wieder neue Arbeit drauf, da habe ich/ vergehts mir auch irgendwann.
MAX MEISTER: Ich habe auch nichts davon, also in Anführungszeichen, sozusagen, ich optimiere, ich optimiere und habe einfach nur mehr Arbeit oder kann/ es muss schon so sein, dass es auch sich besser anfühlt und dass man mehr Spaß dabei hat. Und/
JOHANNES POHL: Und das Thema, absolut, und das Thema das auch wichtig ist: die müssen auch sehen: es geht ja um sie. Die Personen, DIE machen den Prozess, die wissen es. ICH kann es nicht, DU kannst es nicht. Und es bringt mir auch nichts und es geht auch um die Gesundheit von denen, für die Personen. Auch das Thema Ergonomie ist entscheidend. Ich habe Unternehmen, wo dann/ weißt du, manchmal muss man die Leute auch dann zum Glück zwingen bei der Ergonomie. Aber generell wissen die es auch. Und wenn sie dann irgendwie an einem Arbeitstag nicht fertig auf die Couch fallen nachher, sondern sagen: okay, ich kann mich noch mit meinen Kindern auseinandersetzen und ein bisschen spielen, dann ist das mehr Wert. Und vor allem auch, wenn du mir dann irgendwie ausfällst, in drei Monaten oder jedes halbe Jahr für drei Wochen, habe ich auch nichts davon. Und vor allem, ich mag auch nicht, dass meine Mitarbeiter arbeiten und dann, wenn sie in Pension gehen, als Krüppel in Pension gehen.
MAX MEISTER: Nein, auf gar keinen Fall. Wir wollen, dass unsere Leute glücklich UND gesund unterwegs sind. Das ist mega wichtig. Ich hätte jetzt noch ein Thema zum Abschluss, das ist sozusagen ein bisschen, auf Deutsch gesagt, da bin ich jetzt gespannt. Wenn du bei uns durchgehst, was ist denn der Bereich, wo du der Meinung bist, also positiv formuliert, würden wir von Lean Management am meisten profitieren. Negativ formuliert: da sind wir wirklich nicht gut aufgestellt. Was ist/ ist dir was wirklich ins Auge gefallen oder/
JOHANNES POHL: (…) Das ganze Unternehmen profitiert von Lean Management. Da gibt es jetzt nicht nur einen Bereich. Weil, das wäre dann zu kurz gedacht. Weil, wenn ich es mache, dann mache ich es komplett bei dem Unternehmen. Dann gehe ich es als ein Ganzes an und möchte ich es machen. Und ist auch nicht nur in der Produktion oder in der Logistik. Das sind immer die Bereiche, bei denen gestartet wird. Aber das ganze Thema zieht sich auch komplett in den indirekten Bereich. Ich kann auch das Thema Lean im Sales und Marketing anschauen. Ich kann es mir anschauen im Innendienst, wo auch immer. Das sind Themen, es würde/ es ist ja eigentlich ein Thema, das das ganze Unternehmen betrifft, ein Kulturthema.
MAX MEISTER: Okay, das ist die positive Antwort. Also okay, das verstehe ich auch und das glaube ich auch. Ich kann mir vorstellen, dass sozusagen, sage ich mal, im Bereich Sales zum Beispiel schon die IT/ also der Anteil der Prozesse, die wirklich extrem IT-lastig sind, die im ERP sind, ist da schon relativ hoch. Und da kann ich mir vorstellen, dass man relativ schnell an Grenzen kommt. Aber vielleicht bin ich da auch falsch gewickelt. Wie siehst du das?
JOHANNES POHL: Es wird natürlich einiges mit IT gemacht. Aber sicher nicht nur. Und die Frage ist: wie oft ist die Kommunikation/ geht die hin und her, wer macht was? Wie macht wer Informationen? Worauf brauche ich eine Bestätigung von dem oder jenen? Also das sind sehr viele Schnittstellen auch. Wo ich dann nachfragen muss: haben wir die Teile oder nicht? Und man muss sich dann manchmal Gedanken machen, da hilft es oftmals, so einen/ wenn du so eine Art Werkstrom machst, aber mit Informationen anreicherst. Wo wird welche Information aufgenommen, wiederverwendet und so weiter und so fort.
MAX MEISTER: Also das verstehe ich. Das wäre sicher auch auf jeden Fall später mal eine Möglichkeit, da noch was zu finden. Ich will jetzt aber trotzdem nochmal meine Frage von vorher anders versuchen.
JOHANNES POHL: Im Shopfloor runterbringen.
MAX MEISTER: Genau. Wenn ich morgen eine Sache wirklich konkret umbauen sollte oder irgendein Arbeitsumfeld verbessern. Was würdest du als allererstes machen?
JOHANNES POHL: du möchtest das Arbeitsumfeld wissen, wo ich hingehen würde, wo man/
MAX MEISTER: Genau, ich will wissen, an welchen Arbeitsplatz du hingehen würdest und wo du ein Werkzeug von links nach rechts hängen würdest? Oder wo war einfach was, wo du gesagt hast: Mensch Max, schaue dir das am besten gleich morgen früh an? (…) Also ich habe morgen früh Termine. Deswegen mache ich das erst am Nachmittag. Aber/
JOHANNES POHL: Wenn wir durchgehen, es gibt Bereiche wo ich sage: aufräumen würde nicht schaden.
MAX MEISTER: Ja, stimme ich zu.
JOHANNES POHL: Hinten die Werkstatt. Es gibt Themen, da weiß ich, ihr seid grade dran. Aber wenn ich dann versuche beim Auto Store unten durch die Gänge zu gehen und über die Palletten stolpere, /sind diese Themen also es sind einfach/ dieses Aufräumthema HILFT SCHON MAL, sage ich mal. Weil, das schafft einfach schon mal Transparenz und Luft und man erkennt schon Sachen. Und das gibt es auch im Wareneingang. Ich kann mir auch vorstellen, ich habe mit Matthias viel diskutiert. Also Matthias ist einer deiner Mitarbeiter.
MAX MEISTER: Logistikleiter hier.
JOHANNES POHL: Logistikleiter. Über den Wareneingang. Dass man hier auch viel mit visuellem Management machen kann. Also ich bin ein Freund von visuellem Management. Einfach auf einen Blick zu sehen: wo stehen wir? Was hat es geschlagen? Was ist das Nächste? Um auch so Kommunikationswege oder Palletten hin- und herschieben, um das zu vereinfachen. Aber es sind viele Themen, die kannst du nicht einfach hingehen und sagen: komme, ich lege da jetzt den Hebel um. Die Leute müssen auch wissen: wofür und warum tue ich das? Und weshalb machen wir das denn?
MAX MEISTER: Lean ist einfach, aber nicht simpel. Oder anders rum, ich weiß nicht.
JOHANNES POHL: Nein, anders war es rum. Ist leicht, aber nicht einfach. Nein, aber weißt du, wenn wir das weiterspielen, den Gedanken, ich habe heute euren Auto Store/ super Teil. Habe ich auch angeschaut und habe gesagt: gut, ihr habt eine Einschleusung und eine Ausschleusung. Und eigentlich riesig das Teil. Habt ihr euch schon mal überlegt, eine zweite Ausschleusung zu machen? Um zum Beispiel, da sind wir wieder beim Thema Verschwendung automatisieren. Wenn der ganz hinten in der Ecke (lachend) eine Sache rausholt, dass der nicht bis ganz vor fahren muss. Sind ja extrem viele Meter. Und das beginnt nur so eine Kleinigkeit eigentlich. Ich bringe da immer gerne ein Beispiel von einem Freund von mir, der im Unternehmen war. Liebe Grüße an die Stelle an den Wolfgang Grasl. (lacht) Guter Freund von mir und ein super Lean Denker und Mensch. Der dann einen Roboter gesehen hat, der immer zu einer Ruheposition gegangen ist. Sie haben eigentlich einen Werksrundgang gemacht wegen was anderem. Und da kam er, hat das gesehen und hat/ der fuhr immer in so eine Ruheposition. Hat er ein paar Fragen gestellt. Haben sie/ nein, das ist nicht das Bottleneck. Und da hat er gesagt: nein, ich möchte es wissen und ist tiefer eingestiegen. Und dann kam eigentlich raus, dass diese Ruheposition, die dieser Roboter einnimmt, eigentlich gar nicht mehr notwendig ist. Weil, das war irgendwie so ein Härteprozess und der hat einfach Teile weggenommen. Aber weil das Material vom Greifer ein anderes war, weil der Prozess eine andere Taktzeit et cetera, gab es einige Faktoren, weshalb das nicht mehr notwendig war eigentlich. Und dann haben sie hochgerechnet, wieviel denn dieser Roboter eigentlich so fährt in die Ruheposition. Das war nur zwanzig Zentimeter oder dreißig.
MAX MEISTER: Ja, das summiert sich.
JOHANNES POHL: Und das summiert sich im Jahr. Und das ist ja was Schönes, gebe ich auch einfach mal mit, wenn man so über Einsparungen denken, sagt, das sind zwei Sekunden hier oder zehn Sekunden hier, auf das Jahr hochrechnen, weil, dann sieht man mal so die Dimension, waren es in dem Fall 600 Kilometer. Und jetzt überlege mal, 600 Kilometer die der einfach für nichts und wieder nichts fährt der Roboter.
MAX MEISTER: Ja, ist Verschwendung.
JOHANNES POHL: Ist Verschwendung. Und was das dann bedeutet. Du musst Wartung neu planen. Du hast Ersatzteile und so weiter und so fort. Und das wäre eben in dem/ dieses Beispiel kam mir, wie ich euer Auto Store gesehen habe. Auch wenn man sagt: er hat eine andere Ausschleusung und kann dadurch die Belastung meiner Roboter oder meiner meine Fahrzeuge die da drauf fahren und picken auch reduzieren. Sei es an den Rädern, sei es an den Riemen und Getrieben. Nur, war so eine (lachend) Idee, die mir kam.
MAX MEISTER: Ja, klar. Nein, nein, also ich bin da sozusagen grade deswegen dankbar, dass du dir die Zeit heute genommen hast. Und ich glaube, da können wir eigentlich auch schon zum Schluss kommen. Ich versuche nochmal ein bisschen zusammenzufassen und du ergänzt, ob ich was vergessen habe.
JOHANNES POHL: Also ich bitte darum, versuch es zu sagen. Weil, ich bin dann immer in diesem Thema, ich schweife dann immer aus und komme vom (lachend) Hundertsten ins Tausendsten.
MAX MEISTER: Ja, ich versuche es nochmal. Also ich sollte als allererstes Mal schauen, dass ich saubere KPIs habe. Einmal für das gesamte Unternehmen. Aber auch für die Abteilungen und vielleicht wirklich runter bis auf die einzelnen Arbeitsstationen. Dann sollte ich versuchen, möglichst guten oder auf jeden Fall die Standards zu definieren. Ein bisschen auch schauen: was für Abweichungen hat man? Und über ein, du hast es vorher sauberes oder gut aufgesetztes Shop Floor Management, dann das Thema Lean wirklich jeden Tag präsent halten, nachhalten, viele Fragen stellen. Und das heißt eigentlich, auch regelmäßige Meetings, ein Morgenmeeting oder wie es auch immer aussieht, sodass die Kolleginnen und Kollegen wirklich wissen: was gestern war, was heute angedacht ist, wie es morgen ausschaut. Dann, wenn man Verbesserungsinitiativen hat, auch immer kommunizieren, also: was funktioniert, was hat nicht funktioniert? Wo sagt vielleicht die Geschäftsführung: das machen wir jetzt nicht. Das machen wir in einem anderen Projekt, vielleicht etwas später oder dass wir das noch besser erklärt. Und dann muss man eigentlich kontinuierlich dranbleiben und den Führungskräften den Raum lassen, aber auch sozusagen einfordern, dass sie sich selber in dieser Denke einfinden. So/
JOHANNES POHL: Ja. Ich würde einen Punkt noch ganz vorne hinstellen. Und zwar dieses Thema: Vision/
MAX MEISTER: Nordstern.
JOHANNES POHL: /und Nordstern und auch zu wissen: es ist eine Kulturänderung UND die Leute, die es treiben ist logischerweise/ wird es Top Down getrieben. Und es müssen alle wollen. Die müssen auch ein Verständnis dafür haben. Und das bedeutet vielleicht auch mal zu anfangs, Zeit zu investieren, um dieses Verständnis aufzubauen, zu verstehen: was bedeutet Verschwendung? Was bedeutet auch im Lean Kontext führen? Führen durch Fragen und auch Sachen, wie gesagt, dieses Thema Gamber einfach wirklich auch die Sachen selbst anschauen und keine Annahmen zu treffen. Das war, glaube ich, in der Podcast Folge, in der letzten Yellow Tool genauso. Nicht die Annahme treffen, sondern ich muss auch/
MAX MEISTER: Ich weiß wie es ist, aber ich muss fragen.
JOHANNES POHL: Ich muss fragen und verstehen. Ich frage, frage bis ich es verstehe und sage nicht nur: okay gut, ich nehme das jetzt an, dass das so und so ist.
MAX MEISTER: Okay. Also ich glaube, das habe ich verstanden. Eine Sache, genau, ergänzend muss ich noch sagen: morgen ab acht Uhr wäre sozusagen dein/ das muss ich mir jetzt noch aufschreiben, noch dein Tipp als allererstes Mal, eine größere Aufräumrunde machen, um besser zu visualisieren: wo gehört denn eigentlich wirklich was hin? Weil, das war mir vorher noch aufgefallen, da wo du gesagt hast, in der Werkstatt hinten, da sieht es aus. Das ist korrekt. Das ist eigentlich ein/ aktuell ist das ein manuelles Blocklager. Weil wir (lachend) sozusagen alles manuell dahin stapeln. Weil wir gar nicht mehr wissen, wo wir das Zeug zwischenlagern sollen. Aber das ist natürlich richtig. Also ich glaube, grade wenn eine Firma/
JOHANNES POHL: Aber das Blocklager ist eines, da lagen auch andere Teile herum.
MAX MEISTER: Das glaube ich sofort.
JOHANNES POHL: Angebrochene Arbeitsaufträge, wo ich sage: okay gut, wenn jetzt zwei andere herkommen, wer weiß/
MAX MEISTER: Was sie machen sollen?
JOHANNES POHL: Woher weiß der, was er machen soll? Wo liegt denn was? Und weißt du, durch dieses: es steht überall herum, kommen diese Sekundärbedarfe ganz groß auf. Ich muss suchen. Ich muss noch was hin- und herschieben und so weiter. Und das kostet enorm viel Zeit. Und wenn du das rausbekommst, allein das schon reduzierst, allein das hilft schon massiv.
MAX MEISTER: Also da stimme ich dir zu einhundert Prozent zu. Und (…) ich glaube sozusagen, ich weiß, welche Schritte als nächstes auf jeden Fall wir gehen müssen. Ich danke dir auf jeden Fall für deine Zeit und vor allem für deinen Input. Sehr spannend.
JOHANNES POHL: Gerne. Ich sage auch danke für die Einladung.
MAX MEISTER: Ja, nein, wirklich super. Und ich bin mal gespannt, wie unser Lean Zeugnis dann in einem Jahr ausfällt. Weil, wir brauchen mit Sicherheit ein bisschen. Aber ich will das auf jeden Fall mal wieder probieren und das hat mich jetzt dazu inspiriert und angeregt. Danke dir.
JOHANNES POHL: Vielleicht herzlich gerne. Und ich sage Dankeschön und vielleicht noch dazu: das Thema Lean, das ist jetzt nicht nur, dass wir da aufräumen und Methoden und so weiter machen. Sondern, spannend ist zu sehen, wenn du es wirklich lebst, dass du siehst: die Leute stehen im Mittelpunkt und es ist wirklich eine lebendige Verbesserungskultur, sprich, wenn ich komme und sage in einem Jahr: ich schaue mir einen Tag das an, sage: okay gut, das ist euer Standard und der ist jetzt nicht definiert für die nächsten zehn Jahre. Sondern, dass diese Standards sich auch eigentlich kontinuierlich verändern oder, dass sie wirklich besser werden. Und nicht nur sagt: wir haben jetzt einmal ein Projekt gemacht und das halten wir jetzt. Sondern, dass das in den Köpfen ist. Wir wollen besser werden und täglich einfach auch besser werden. Und sei es nur zwei Sekunden.
MAX MEISTER: Ja. Nein, wir werden es auf jeden Fall versuchen und halten in dem Fall die Hörerinnen und Hörer auf dem Laufenden. Danke Johannes.
JOHANNES POHL: Sehr gerne. Danke ebenso.
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