Max im Gespräch mit Manuel Stellmann, Co-Founder und zuständig für Fulfilment und Expansion bei der Firma Picnic GmbH, Düsseldorf.
In der heutigen Folge spricht Max Meister mit seinem Gast über die Herausforderungen ein Online – Supermarkt Angebot im deutschen Markt zu platzieren. Über die Supply Chain, die logistischen Aufgabenstellungen und Lösungen bis zur eigenen Fahrzeugflotte und eine eigene Routenplanung.
Begleiten Sie Manuel Stellmann und Max Meister in ihrem spannenden Gespräch über die Entwicklung des Online Food Segments – in weniger als 3 Jahren vom Convenience Angebot für wenige zu einem festen Bestandteil heutiger Einkaufsroutinen für jedermann.
Viel Spaß beim Reinhören.
Bei konkreten Fragen oder für sonstiges Feedback, einfach an max@supplychainhelden.de schreiben.
Transskript
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MAX MEISTER: Heute gibt es eine megacoole Folge über den Online-Supermarkt Picnic und der Manuel, den ich interviewen darf, der erzählt das alles so ein bisschen unaufgeregt. Aber ich bin tatsächlich der Meinung, das ist extrem cool, was die machen, das ist total spannend. Die haben gute Lösungen gebaut. Die haben die ganze Supply Chain im Griff und vor allem sozusagen, die letzte Meile zum Kunden hin haben die sich eigentlich als Allererstes vorgenommen und dann die Superlösungen gebaut von eigenen Autos bis hin zu eigener Routenplanung. Und auch das Milkrun-Prinzip oder das Milchmann-Prinzip spielt eine Rolle. Und ne, bin ich ganz happy, dass es geklappt hat hier und es würde mich in dem Fall wirklich freuen, schreibt mir Feedback an Max@supplychainhelden.de. Und ich bin wirklich gespannt, was der Online-Lebensmittelmarkt in Zukunft bringt. Und in dem Fall drücke ich Picnic ganz fest die Daumen, weil in dem Fall gönne ich denen viele, viele Kunden und würde mir aber trotzdem wünschen, dass sie nicht ganz so erfolgreich außerhalb von München wären, sodass ich das auch endlich mal nutzen kann. Und dementsprechend also viel Spaß und bis bald.
MAX MEISTER: Ja. Heute gibt es eine Folge, auf die freue ich mich schon lange, weil ich die Firma so spannend finde, über die wir gleich sprechen werden. Zu Gast heute ist bei mir Manuel Stellmann, Co-Founder von der Firma Picnic hier in Deutschland und du bist zuständig für Fulfilment und Expansion. Und bevor wir jetzt richtig einsteigen, würde mich interessieren, sage mal zwei, drei Sätze zu Picnic und was ist euer Business.
MANUEL STELLMANN: Hi Max, vielen Dank für die Einladung. Zwei, drei Sätze zu Picnic: Nach außen sind wir ein Online-Supermarkt, der dir Produkte oder einen täglichen Einkauf mit den günstigsten Preisen gratis nach Hause liefert. Intern, in der Innensicht sind wir eine Tech Company, die versucht, den Online-Retail-Bereich mit eigener Technologie und eigener Hardware zu disruptieren.
MAX MEISTER: Okay. Und ich sage mal, es gibt so ein paar Sachen, also der geneigte Logistik-Freak, der kennt euch oder auch der E-Commerce-Mensch, das mit Sicherheit nicht bei allen meinen Hörern so, aber beschreibt doch mal ein bisschen, welche Technik-Komponenten habt ihr, also Hardware und wie sieht die Software-Seite aus. Und dann würde ich mich da gern ein bisschen im Detail einarbeiten.
MANUEL STELLMANN: Ja. Also es ist eine lange Reise, die wir gegangen sind. Also 2018 in Deutschland sind wir gestartet. Wir sind zuvor, also wir sind ursprünglich eine niederländische Company und sind 2015 in den Niederlanden gestartet. Und sind eigentlich damals mit dem MVP, mit einer MVP App nur gestartet und wollten einfach beweisen, dass Leute Lebensmittel online kaufen, was damals noch eine unheimlich niedrige Penetration im Markt einfach hatte. Und wir haben Step by Step immer mehr Systeme, die sozusagen auf dem Weg lagen, sozusagen wieder rückwärts integriert und sie bei uns reingeholt. Also wir haben mittlerweile 26 verschiedene Produkte, die wir sozusagen von Software-Seite betreiben. Und ich glaube, die größte oder die nach außen wirkende stärkste Hardware, die wir irgendwie haben, Sie sind unsere eigens entwickelten Autos, die wir haben. Also wir haben praktisch die komplette Box, den Aufleger komplett selber designt und haben ein Fahrzeug geschaffen, was sozusagen ideal für die Auslieferung von Lebensmitteln designt ist und sind ganz, ganz lustig und ganz happy als unsere kleinen, wie wir sie nennen, EPVs.
MAX MEISTER: Okay und das ist mit Sicherheit, also kommt mir gerade/ ist mit Sicherheit A, gute Werbung, wenn ihr in der Region unterwegs seid, wenn ihr eigene Fahrzeuge, ganze Lieferflotte auch selber betreibt. Bevor wir nochmal auf die einzelnen Module sozusagen ein bisschen einsteigen, kannst du mal ganz kurz sagen, wo liefert ihr heute in Deutschland nur ungefähr von der Region? Und wie kam es, dass ihr dort gestartet seid?
MANUEL STELLMANN: Ja. Also 2018 sind wir in Neuss gestartet, also relativ kleine, ja, kleine Stadt, ne? Also ungefähr so 160.000 Einwohner, 200.000 Einwohner, aber sozusagen linksrheinisch von Düsseldorf, also einen Steinwurf entfernt. Und haben von da aus dann angefangen, unsere Expansion in NRW fortzusetzen. Wir sind im Moment auch nur in NRW unterwegs und haben Step by Step sozusagen die nächsten Städte drumherum einfach mit dazugenommen. Mittlerweile erstreckt sich unser Gebiet, wenn man irgendwie den südlichen Zipfel nimmt, dann ist es Leverkusen und wenn man den nördlichen Zipfel nimmt, dann ist es Münster. Wenn man den westlichen Zipfel nimmt, dann ist man in Viersen und wenn man den östlichen nimmt, dann ist man mittlerweile in Dortmund. Also nein, Kamen, Kamen, sogar noch eins weiter, genau. Wir sind noch einen Step weiter, also eigentlich schon nahezu wirklich das komplette NRW abgedeckt.
MAX MEISTER: Okay, also zu der Abdeckung komme ich dann später nochmal. Also ihr habt euch einen Bereich gesucht, mittelgroße Städte. Also ich finde 150.000 Einwohner ist eigentlich schon, jetzt halt aus Dachauer Sicht gesehen sozusagen eine amtliche Stadt. Jetzt beschreibe mal ganz kurz, was ist denn also sozusagen für mich als Kunde/ Ich will ja einfach nur gute Lebensmittel günstig sozusagen bei mir angeliefert bekommen. Was ist denn aus eurer Sicht für den Kunden sozusagen das Einzigartige bei Picnic, ja.
MANUEL STELLMANN: Also ich habe in einer Zeit angefangen, wo Lebensmittel-Online-Käufe eigentlich als eine Art Convenience gesehen wurden. Das heißt, der Kunde hatte eigentlich viele Barrieren, die er in Kauf nehmen musste, um Lebensmittel online zu bestellen. Was meine ich damit genau? Du hast zum einen teurere Preise der Produkte gehabt. Du hast Liefergebühren gehabt, du hast lange Wartezeiten gehabt. Also waren viele Sachen, die irgendwie den Kunden oder die große Masse aufgehalten haben, um das Ganze sozusagen auszuprobieren. Und wir haben versucht, in unserem Approach das Ganze sozusagen rauszunehmen, also aus der Gleichung. Wir haben gesagt: „Okay, wir liefern gratis. Es gibt keine Liefergebühren, sondern davon, dass soll den Kunden nicht aufhalten.“ Wir haben gesagt, wir machen die günstigsten Preise. Was heißt das? Wir matchen einmal in der Woche gegen den kompletten Wettbewerb, ob das jetzt Discounter sind, ob das ein Rewe ist, ob das ein Edeka ist, wir matchen komplett unsere Produkte gegen die anderen und gehen überall auf den niedrigsten Preis. Also, dass man da schon mal keine Barrieren hat, irgendwie bedingungslos einzukaufen. Wir haben auch gesagt: „Wir möchten, dass der Kunde den kompletten Einkauf bei uns machen kann. Das heißt, er muss nicht irgendwie nochmal loslaufen, um dann irgendwie nochmal Tiefkühlprodukte zu holen, ob es Gemüseprodukte oder irgendwie frische Ware, wir haben alles. Also wir decken mit nahezu 10.000 Artikeln und genau das gleiche Sortiment halt wie ein gut sortierter Supermarkt. Und das Letzte, was wir gemacht haben, wir haben die Routen, in denen wir ausliefern, so effizient gemacht, dass man schlussendlich nur ein Zeitfenster von zwanzig Minuten hat, indem man auf die Lieferung sozusagen warten muss. Und am Ende sieht man das sogar, auf dem Live-Radar sieht man ganz genau, wann wir auf die Minute sozusagen vor Ort sind.
MAX MEISTER: Okay, also, die, sage ich jetzt mal, die Preise und die Lieferkosten oder dass es bei euch keine gibt, das ist natürlich wirklich einfach ein schlagendes Argument. Was mich interessieren würde ist, wie habt ihr das hingekriegt, dass ihr auf zwanzig Minuten sozusagen das vorhersagen könnt und so kurze Lieferslots zur Verfügung stellen könnt?
MANUEL STELLMANN: Es ist eigentlich eine sehr schöne Geschichte. Also wir sind in den Markt gegangen und haben gesagt, wir möchten dieses Lieferzeitfenster so klein wie möglich haben und haben am Anfang mit einem ziemlich einfachen Algorithmus das sozusagen angefangen zu brechen. Wie müssen die Lieferzeitfenster sein? Und wie sieht sozusagen die Tour zwischen den Kunden aus, die wir fahren? Man muss sich das so vorstellen, wir nehmen abends einmal, wir haben eine sogenannte Cut-Off-Zeit. Da konsolidieren wir einmal alle Lieferungen und schmeißen die sozusagen in einen Topf rein. Dann lassen wir den Algorithmus drüber laufen und der spuckt uns dann sozusagen aus, wie viele Trips dann sozusagen zu Stande kommen und wann wir bei diesem Kunden zirka sind. Und die schöne Geschichte, die sich dahinter verbirgt, das war damals unser jetziger Product-Owner. Der hat seine Masterarbeit da drüber geschrieben. Also Grundlage ist ein Room Algorithmus, der sozusagen dahinter steht. Er hat den in seiner Masterarbeit sozusagen optimiert und hat unsere damalige Turmplanungssoftware um zwanzig Prozent geschlagen. Also wir hatten eine externe Party, die uns sozusagen den Service zur Verfügung gestellt haben. Und wir haben dann praktisch einen Internen, der seine Masterthesis bei uns geschrieben hat, hat dann einen besseren Algorithmus entwickelt. Und wir waren dann auch zwanzig Prozent effizienter. Und seitdem haben wir das immer weiter fortentwickelt, immer weiter optimiert und sind, was die Liefergenauigkeit angeht, wirklich bei 98, 99 Prozent, dass wir dieses Zeitfenster auch treffen.
MAX MEISTER: Okay, jetzt natürlich willst du nicht im Detail über den Algorithmus sprechen. Aber was mich also sozusagen oder welche Frage ich mir stelle, ist, wenn ihr das hinkriegt, warum, ich weiß nicht jetzt, wenn ich andere Lebensmittellieferdienste mir anschaue, habt ihr da irgendwie was komplett anders gemacht? Oder woher kommt es, dass ihr das schafft?
MANUEL STELLMANN: Ich glaube, das kommt immer ganz stark darauf an, aus was für einer Branche du kommst. Also unsere Founder sie kommen aus Softwarebranche. Also wir sind sozusagen eine Technologie-Company, die sozusagen nach außen ein Online-Supermarkt ist. Dementsprechend auch bei uns sozusagen die Daten und die Feinjustierung und die Software stand bei uns immer im Vordergrund. Deshalb kommen wir praktisch nicht von dem Produkt, was wir zum Kunden bekommen möchten, sondern wir haben geguckt, was ist die praktisch eigentlich die optimale Software, um die Produkte zum Kunden zu bekommen. Und das ist, glaube ich, ein fundamentaler Unterschied, wie du drauf guckst auf das Ganze. Und das hat uns eben dazu befähigt, diese Sachen irgendwie komplett neu zusammenzusetzen. Also wir fangen wirklich mit dem kleinsten Artikel an. Also am Ende geht es darum, wie planst du einen Hefewürfel, der am Ende in der Kiste ist, die ausgeliefert wird, auf welcher Seite vom Auto ist die, das sagen wir auch. Also der Fahrer weiß genau, wo welches Produkt und welche Kiste sozusagen ist. Wann wird die rausgenommen und so weiter, wie schwer ist die Kiste, weil wir ja dann das Auto auch noch ausbalancieren vom Schwerpunkt her. Sind unheimlich viele kleine Zwischenschritte, die am Ende dann das große Ganze zusammenkommen lassen.
MAX MEISTER: Okay, aber ich vermute mal, so habt ihr nicht angefangen, sondern ihr habt mal mit der Routenplanung angefangen und seid später erst…
MANUEL STELLMANN: Genau.
MAX MEISTER: zum Hefewürfel gekommen. Okay. Also, wenn man sich sozusagen ein bisschen die Berichte über euch anschaut, dann ist bei dem Thema oder wird auch oft sozusagen bei dem Thema Routenplanung das Thema Milkrun oder Milchmann-Prinzip erwähnt. Würdest du sagen, ist es heute überhaupt noch so? Oder ist es nur noch Teil der Story?
MANUEL STELLMANN: Nein. Also tatsächlich ist das die Grundessenz unserer Auslieferung. Also, um das mal ein bisschen zu verdeutlichen, es gibt eigentlich so am Markt zwei Modelle, die irgendwie dominierend sind, dass das/ Oder eigentlich gibt es ein Modell, was dominierend sind und wir machen was komplett anderes. Es gibt das Taxi-Modell. Das stellt in der Regel eigentlich eine eins-zu-eins- oder irgendwie eins-zu-vier-Beziehung von praktisch Zwischenkunden und der Auslieferung her. Was meine ich damit? Kunden quer über der Stadt bestellen und buchen ein Zeitfenster. Das führt dazu, dass ich nicht irgendwie in einem schönen Fahrplan, wo irgendwie jeder Kunde nacheinander kommt, das beliefern kann, die Kunden beliefern kann, sondern es kommt einfach ein, meistens sind es irgendwelche Sternmuster oder so, zusammen, die dann über die Stadt gelegt werden, um ich muss eigentlich dann relativ durch die Stadt fahren, um meine jeweiligen Zeitfenster, die der Kunde gebucht hat, einzuhalten. Wir haben das ein bisschen umgedreht. Wir bieten keinen Taxi-Service an. Also man kann nicht jede Stunde bei uns bestellen oder nicht zu jeder Zeit, sondern wir bieten dem Kunden pro Tag ein Zeitfenster an. Das führt bei uns dazu, dass wir praktisch bestimmte Bereiche oder bestimmte Gebiete, geografische Gebiete, konsolidieren und die Kunden dann eben sehr stark in diesem Gebiet bestellen. Und dann fahren wir genauso wie der Bus oder auch meinetwegen die Müllabfuhr dadurch und sozusagen beliefern dann Step by Step immer sozusagen den Kunden, haben aber nur sehr, sehr geringe Fahrzeiten dann zwischen den Kunden. So ein Rough Estimate, der Wettbewerb macht so zwischen zwei und vier Drops pro Stunde. Und wir sind ungefähr so um die zehn Drops pro Stunde, die wir machen.
MAX MEISTER: Okay. Das ist natürlich ein riesiger Unterschied und das ist mit Sicherheit einer der Gründe, warum ihr kostenlos zustellen könnt im Vergleich zu anderen kleineren oder größeren Wettbewerbern. Wenn ich jetzt halt/ Also auch von draußen beurteilt, wachst ihr ja ganz gut, ihr wachst aber nicht in der Region, also nicht überregional, sondern ihr erhöht euren Marktanteil in den Gegenden, wo ihr schon liefert. Was mich jetzt interessieren würde, ist, wenn ihr jetzt sozusagen, also ich bin jetzt Kunde in Neuss seit Tag Eins und habe immer Mittwoch, zwanzig Uhr meine Lieferung bekommen. Wenn dann in meiner Straße irgendwann so viele Drop Off sind oder so viele Kunden verändern sich dann für mich die Lieferslots oder wären das mehr Fahrzeuge. Kannst du da noch ein bisschen Kontext geben?
MANUEL STELLMANN: Genau. Dann wären das mehr Fahrzeuge. Und zu deinem Punkt, was du gesagt hast, ich glaube, die Corona-Pandemie, die uns alle ereilt hat, das konnten wir nicht vorhersehen in dem Ausmaß oder wie lange uns das ganze Thema sozusagen mitnehmen würde. Und wie du sagst, genau, wir sind unheimlich stark in den existierenden Gebieten gewachsen. Was meinen wir damit? Die bestehende Kundenschicht ist so stark explodiert oder die bestehenden Gebiete, dass wir gesagt haben: „Okay, um hier die Nachfrage komplett befriedigen zu können, konzentrieren wir uns jetzt sozusagen auf den Bereich. Das, was wir auch haben oder das, was wir versuchen zu machen, ist, wir versuchen, unseren Kunden zu garantieren, dass wir sie am nächsten Tag beliefern. Und das heißt, wir möchten nicht, dass unsere Kunden irgendwie einen geschlossenen oder für erst in zwei Wochen bestellen können, sondern wir wollen, dass die Kunden immer von einem Tag auf den nächsten bestellen können. Wir haben dazu eine sogenannte Warteliste. Also wir nehmen auch nicht jeden mit auf, sondern ist das sozusagen Picnic Familienclub. Man wird einmal aufgenommen, aber dann garantieren wir dir auch die Lieferung zum nächsten Tag.
MAX MEISTER: Okay. Also ich habe mich bei Picnic, glaube ich, auch schon vor zwei Jahren angemeldet. Aber ich bin wahrscheinlich auf Wartelistenplatz 150.000 oder so. Also da sehe ich noch gar keine Veränderung.
MANUEL STELLMANN: Ja. Also für, sagen wir, die Münchner Region kann ich es jetzt leider nicht genau sagen, wie da die Warteliste aussieht. Aber normalerweise, wenn wir eine Stadt eröffnen, dann starten wir so Pi mal Daumen bei acht bis 10.000 Kunden, die bei uns bestellen möchten.
MAX MEISTER: Ja, super. Da eine Zwischenfrage: Fragt ihr auch nach speziellen Produkten, die 10.000 Kunden kaufen wollen, bevor ihr startet? Oder macht ihr das regelmäßig? Oder wie geschieht da die Sortimentsbildung?
MANUEL STELLMANN: Genau. Also eine der Prinzipien, als wir gestartet sind mit Picnic, war, wir wollen das Sortiment zusammen mit dem Kunden zusammen aufbauen. Wir sind der Meinung, dass die bisherige sozusagen Produktallokation im Supermarkt nicht kundengetrieben ist, sondern, dass sie praktisch von den Lieferanten in den Supermarkt getrieben ist und dann in Richtung des Kunden. Um dir ein einfaches Beispiel zu vermitteln oder wie wir damit umgehen: In jeder Produktkategorie hast du immer am Ende, wenn du bei uns durch die App durch gescrollt hast, hast du ein kleines Schildchen. Da steht drauf: „Fehlt dir was?“ Also ein kleines Männchen hält ein Schild hoch: „Fehlt dir was?“ Und wenn du da draufklickst, kannst du Produktvorschläge geben. Und das ist, was wir regelmäßig auswerten. Und dementsprechend erweitern wir auch unser Sortiment. Um dir jetzt das Beispiel zu geben: Du hast einen normalen Supermarkt, du gehst irgendwie ans Gewürzregal und dann stehst du auf einmal vor zwanzig Meersalzsorten. Wenn wir bei uns jetzt in die Produktvorschläge gucken und wir haben, glaube ich, drei oder vier Meersalzsorten, es hat noch nie jemand geschrieben, er möchte bitte noch mehr Meersalz haben. Und das zeigt so ein bisschen das, wir wollen zusammen mit dem Kunden das Sortiment aufbauen. Wir wollen aber auch nur die Dinge bei uns aufnehmen, die der Kunde auch wirklich nachfragt.
MAX MEISTER: Okay. Dann hätte ich noch eine Frage und zwar, was mich stört, wenn ich Online-Lebensmittel kaufe, ist, dass ich danach acht so Papiertüten bei mir rumstehen habe. Und ich weiß schon gar nicht mehr, was ich mit denen machen soll. Wie sieht bei euch die, sage ich mal, letzte-Meile-Logistik aus, also Mehrwegsysteme, Behälter, Tüten, wie funktioniert das? Wie kann man sich das vorstellen?
MANUEL STELLMANN: Genau. Bei uns ist es so aufgebaut, also wir lassen keine Behältnisse oder sowas bei dir. Das, was wir machen, auch sozusagen in Corona aus Hygienegründen, wir übergeben dir Biotüten, die kannst du uns beim nächsten Mal zurückgeben. Also wir haben einen geschlossenen Recycle Loop mit unserem Lieferanten. Und in der Regel geben uns die Kunden die bei der nächsten Lieferung einfach wieder mit zurück und wir führen sie dann sozusagen wieder zurück, werden dann wieder weiterverarbeitet. Und wir bekommen sozusagen dann aus den alten Tüten wieder neue Tüten zugestellt und nehmen sie dann für die nächste Lieferung.
MAX MEISTER: Okay. Und gibt es andere Mehrweglösungen, was ihr schon macht? Also ich sage mal, Leergut wieder mitnehmen bei Getränken oder andere Beispiele?
MANUEL STELLMANN: Genau, wir nehmen alles mit zurück, ne? Ob das dein Pfand ist, was wir mit zurücknehmen. Wobei man da eine Einschränkung machen muss: Wir nehmen keine Kästen mit zurück, sondern nur die ganzen Flaschen, weil wir keine Kästenlogistik haben. Wir nehmen die ganzen Getränke zurück. Wir nehmen deine Batterien mit zurück und sowas. Also es wird alles, was du sozusagen aus dem normalen Supermarkt auch gewöhnt bist, was du abgeben kannst, kannst du bei uns auch abgeben. Also wir nehmen auch sozusagen/ Deinen Sodastream-Behälter nehmen wir auch mit und liefern dir einen neuen. Also das funktioniert alles.
MAX MEISTER: Okay. Und wenn ich jetzt sage, in meinem Rewe ist auch so eine DHL-Box, nehmt ihr auch meine Retouren mit?
MANUEL STELLMANN: Also in Deutschland arbeiten wir noch dran. In den Niederlanden macht man das schon. Also in den Niederlanden kannst du auch bei uns sozusagen Vorbescheid geben: „Hey, ich gebe auch ein DHL-Paket mit zurück“ und das nehmen wir dann auch mit zurück.
MAX MEISTER: Okay, super. Also das ist tatsächlich was, wo ich jetzt für uns immer am Überlegen bin, wie wir das hinkriegen, dass wir eben halt das auch machen können, weil/ Also jetzt, wir sind ein Industriebetrieb und ich könnte mir vorstellen, dass man auch sehr gut mit Leerbehältern, so Kanban-Systeme und Ähnliches aufbauen kann. Jetzt hast du vorher gesagt, ihr habt eure Autos, also beziehungsweise die Aufbauten, selber konstruiert. Warum habt ihr das gemacht?
MANUEL STELLMANN: Also wir haben versucht, wie sieht denn eigentlich das ideale Lieferauto für die Stadt aus? Also wir haben uns dann auch Markt Research gemacht. Und wenn man sich irgendwie die Standardmodelle anguckt oder wenn man sich auch eine DHL, UPS oder was auch immer anguckt, verschwinden die Fahrer immer auf der Ladefläche. Und dann sind sie erstmal weg und da sozusagen als Fahrer wieder rauszukommen, sich da rauszuwühlen oder so kostet superviel Zeit. Und wir haben eigentlich gedacht: Hey, wieso bauen wir nicht ein Auto, was von außen von beiden Seiten zugänglich ist? Und dementsprechend haben wir große Metallgestelle. Von beiden Seiten sind zwei Kisten sozusagen reingeschoben. Und je nachdem, der Fahrer kann dann auf seinem Device hin, auf sozusagen, ob seine Kisten jetzt auf der linken oder rechten Seite steht, geht er dann zur linken oder rechten Seite des Autos und macht sozusagen nur noch/ öffnet eine Plane, nimmt die Kiste raus und liefert die Kiste zum Kunden. Und das ist superkurz von der Zeit.
MAX MEISTER: Okay. Und also jetzt halt, wenn du diese Kästen/ Wie groß sind die Kästen, die in dieses Auto da reinkommen?
MANUEL STELLMANN: Genau, also die Kisten, die wir verwenden, sind Standard E3-Kisten, um in der Logistiksprache zu bleiben. Also das ist ja sozusagen die Standardkiste, die am meisten verwendet wird. Ich glaube, es sind irgendwie sechzig mal vierzig mal dreißig oder sowas, was die Maße angeht Pi mal Daumen. Aber das ist die Standardkiste sozusagen, die wir da auch benutzen, um dann auch ein bestmöglichen Transportbehälter zu haben.
MAX MEISTER: Und eine durchschnittliche Lieferung für so einen Kunden, ist das eine so eine Kiste oder zwei? Habe ich gar kein Gefühl dafür.
MANUEL STELLMANN: Also ein bisschen mehr. Also der Average hat im Schnitt irgendwie so eine 2,3, 2,4 Kisten oder so. Aber in der Regel kannst du eigentlich sagen, es kommt immer eine Kiste mit Trockensortiment an und es kommt immer eine Kiste mit frischer Ware an.
MAX MEISTER: Okay und wie viele Kisten passen in so ein Auto?
MANUEL STELLMANN: Du hastzwei mal 48.
MAX MEISTER: Zwei mal 48. Okay, ja gut. Also, das ist, sage ich mal, machen die Fahrer oder die Picker oder die Jogger, ich weiß gar nicht, wie ihr jetzt da nennt, aber/
MANUEL STELLMANN: Unsere Auslieferfahrer heißen Runner.
MAX MEISTER: Ja. Runner. Genau, so war das. Genau. Das heißt, machen die zwei Fahrzeuge pro Schicht oder eins?
MANUEL STELLMANN: Genau, wir sind so getaktet, dass wir drei Schichten im Moment fahren.
MAX MEISTER: Okay. Was für Lieferzeiten, also von bis, entspricht es dann?
MANUEL STELLMANN: Genau, es geht von 14:45 bis 22 Uhr geht es. Und dann haben wir auch letztes Jahr Mornings noch eingeführt. Da liefern wir zwischen acht Uhr und ich glaube, 13:15 Uhr aus.
MAX MEISTER: Okay. Also, ich sage mal aus Kundensicht und aus Logistikersicht finde ich ja das ganze Konzept einfach megaspannend, weil es wirklich viele Sachen, die mich stören beim online Essen einkaufen wirklich gut behebt, bevor wir noch vielleicht einen kurzen Blick auch in eure, die Zentrallogistik gucken, würde mich interessieren, sage ich mal, auf der App-Seite, bei euch kann man nur per App einkaufen, also Mobile first. Ihr habt keine Desktop-Anwendung, glaube ich. Was erwartet uns da noch oder was plant ihr da so für die Zukunft im Moment?
MANUEL STELLMANN: Ja. Inwiefern meinst du das?
MAX MEISTER: Gibt es irgend/ Produkte abscannen oder also was ist da der sozusagen der Stand von eurer Software aktuell?
MANUEL STELLMANN: Also im Moment hast du, also wie du sagst, Mobile First. Wir haben uns ganz bewusst dafür entschieden, dass wir das ja auch nur die App aufmachen wollen, weil es war ja sozusagen/ Vor vier, fünf Jahren war dieser Tipping Point, wo ja erstmal mit dem Mobile mehr bestellt wurde, als mit der Desktop-Anwendung, weil es auch einfach die Skalierbarkeit des Businesses wesentlich einfacher macht, als, dass du so sozusagen irgendwie noch garantieren musst, dass irgendwie der letzte Internet Explorer auch noch irgendwie die Homepage darstellen kann. Was die App an sich angeht, kommen immer wieder neue Funktionalitäten dazu. Also, ob das Rezeptvorschläge sind, an denen wir basteln, ob das neue Suchalgorithmen sind und so weiter. Also es ist eine ständige Iteration des Prozesses, so. Also du kannst auch beispielsweise dir das abscannen, der DHL-Pakete oder sowas alles. Das sind auch Sachen, an denen wir noch arbeiten, dass das sozusagen schon voraufgenommen wird und da haben wir noch ein bisschen Spielraum.
MAX MEISTER: Okay, ja, also nach vorne sozusagen wird es immer besser. Und jetzt sage ich mal, dran arbeiten kann man auch mit Sicherheit. Jetzt haben wir, sage ich mal, jetzt muss ich nochmal kurz zusammenfassen so ein bisschen für mich, wir haben, sage ich mal, die letzte Meile haben wir durchgesprochen. Ihr habt spezielle Liefersslots. Ihr arbeitet nach dem Milkrun-Prinzip, ihr habt eigens konstruierte Autos. Und ich glaube sozusagen, deswegen gefällt mir das so gut, das ist wirklich Superexecution auf der letzten Meile. Also deswegen, das hat mir beim ersten Interview, das ich dazu gehört habe, schon einfach gut gefallen. Jetzt würde ich aber gerne noch den Teil angucken. Wie wird die Ware kommissioniert? Also kannst du uns ein bisschen einen Überblick geben. Wie sieht die Logistik aus, bevor die letzte Meile beginnt und zwar einmal in Deutschland. Und ich habe gehört, ihr baut ja auch aktuell ein neues Zentrallager wahrscheinlich in den Niederlande. Da würde mich interessieren, wie da so der Stand ist. Aber vielleicht fangen wir einfach mal mit dem Stand in Deutschland an.
MANUEL STELLMANN: Okay, dann hole ich jetzt mal ein bisschen weiter aus, wie funktioniert unsere Supply Chain. Also, wenn man sich das überlegt, ist/ Die Kunst an der Lebensmittel-Supply-Chain ist ja die/ Zum einen sind die Waren hochempfindlich und zum anderen sind sie sehr schnell verderblich. Also das heißt, man hat schon eine Supply Chain, die sich extrem schnell dreht und bewegt. Was wir versucht haben, ist sozusagen die Verweildauer der Produkte sozusagen auf unserer Seite der Supply Chain so gering wie möglich zu halten, um dem Kunden die bestmögliche Frische zu geben. Das heißt bei uns, also du hast ungefähr bis 22 Uhr, hatte ich ja vorhin schon mal gesagt, ist der Cut Off. Und dann geht bei uns sozusagen das Ganze Planning los. Um 22 Uhr hat der Kunde bestellt. Wir konsolidieren das Ganze so weit, dann geht es an Tourenplanung dran. Aber auch gleichzeitig geht es an die Planung, was brauchen wir denn überhaupt an Waren für den nächsten Tag? Dann schicken wir abends noch ganz frisch raus an unsere Supplier: Hey, was brauchen wir denn eigentlich alles für den Tag und bekommen dann die Sachen morgens um vier fünf Uhr sozusagen schon geliefert. Lass mich einmal das Beispiel von Brot nehmen. Also ein normaler Bäcker schmeißt irgendwie am Tag so zwanzig Prozent seiner Waren weg und wir schmeißen nichts weg. Wie schaffen wir das Ganze? Wir gucken um 22 Uhr wie viele Bestattungen sind denn eigentlich da. Dann schicken wir unserem Partner, das ist die Bäckerei Büsch, schicken wir zu: „Hey, das ist die Anzahl an verschiedenen Broten, die wir brauchen.“ Die bekommen wir morgens dann um fünf Uhr angeliefert. Wir räumen sie sozusagen dann, konsolidieren sie einmal bei uns, räumen sie bei uns in die Regale ein und starten dann den Pick-Prozess. Und dann geht das Ganze sozusagen unheimlich kurz wieder, wir picken es, wir packen es in die Kisten, die Kisten gehen in den Lkw, der Lkw fährt zu unserem Last-Mile-Standort und von da aus geht es mit unseren EPBs zum Kunden. Haben wir das Ganze jetzt mal ein bisschen auch auf die größeren Player sozusagen ziehen, unser Hauptkooperationspartner, was den Einkauf angeht, ist die Edeka, da haben wir eine Rückwärtsintegration der Daten sozusagen gemacht. Also wir können praktisch bei ihnen in die aktuellen Bestände gucken und können dementsprechend auch bei uns, was wir bei uns in der App anbieten, genau auf deren Bestände abgleichen und halten somit die Supply Chain extrem kurz.
MAX MEISTER: Ja, das wäre jetzt nämlich auch meine Frage gewesen, weil das ist natürlich superspannend. Das heißt, ihr nutzt von allen Partnern die externen Bestände, um die Verfügbarkeit in eurem Shop auch um 21:30Uhr sinnvoll darzustellen.
MANUEL STELLMANN: Genau, damit wir dann voraussagen können: „Hey, das ist das, was wir angeliefert bekommen, also da fällt unheimlich viel ineinander. Orderstrategie fällt da mit rein, wie viel sozusagen wie viel Slack willst du irgendwie noch bei der Anzahl der Produkte, die du bestellst, haben. Das geht darüber über, aus welchen Lagern würdest du beliefern. Also das ist hochkomplex, das ganze Thema. Wir gucken dann auch, aus welchen Edeka-Lagern wir sozusagen beliefert werden, teilen das dann dementsprechend auch auf. Also das ist eine sehr komplexe Steuerung, die praktisch im Hintergrund dann stattfindet.
MAX MEISTER: Das hört sich auf jeden Fall superinteressant an. Was mich interessieren würde ist, kannst du mal sozusagen/ Wie viele Läger habt ihr heute? Wie viel Mitarbeiter haben ihr in Deutschland, damit man auch so ein bisschen besseren Eindruck davon bekommt?
MANUEL STELLMANN: Genau. Wir haben zurzeit in Deutschland drei Läger. Wir haben so im Schnitt oder das letzte Lager, was mir öffnet haben, hatte jetzt knapp 17.000 Quadratmeter Grundfläche. In so einem Lager sind, je nachdem nach, wie alt das Lager ist, so bis zu 500 Mitarbeiter, die dort arbeiten. Im Drei-Schicht-System betreiben wir das Ganze, sind gerade dabei, das nächste Lager aufzumachen. Das haben wir auch schon gefunden und sind jetzt so gerade dabei, den Fitout von der neuen Location zu machen.
MAX MEISTER: Und wenn sozusagen ihr/ Also, wenn ich das richtig verstanden habe, habt ihr ja relativ geringe Bestände, damit ihr möglichst wenig wegschmeißen müsst. In welchen oder gibt es auch Produktbereiche, wo ihr sagt so: „Da haben wir mehr Bestand, also Nudeln oder sowas in der Art“?
MANUEL STELLMANN: Genau, also das kommt dann sozusagen auf die Belieferungsstrategie an. Bei frischen Artikeln versuchen wir, die Bestände so gering wie möglich zu halten. Und wenn wir haltbare Artikel haben, dann fühlen wir die sozusagen die Shelf Unit immer wieder komplett auf. Also auch wenn wir dann irgendwie nur drei verkaufen oder so, Ziel ist es dann von einer Produktivität her, den Lagerplatz sozusagen nur einmal anzufahren und einmal wieder aufzufüllen.
MAX MEISTER: Bevor wir, also habe ich verstanden, bevor wir jetzt sozusagen nochmal in Richtung Automatisierung gehen, was mir bei euch hier gut gefallen hat, ist tatsächlich, ihr habt euch auf die Seite, also meiner Meinung nach, zuerst auf die Seite in Richtung Kunden konzentriert und die Läger sind zum Teil manuell. Aber das, was ich gesehen habe, war jetzt nicht viel automatisiert, hab ich das richtig gesehen oder habe ich mich da getäuscht?
MANUEL STELLMANN: Genau. Wir haben mit einer komplett manuellen Lösung angefangen und haben jetzt step by step dann einzelne Zwischenschritte eingefügt, die dann automatisiert sind. Wir haben beispielsweise einen Piloten gemacht und das war, zumindest in Europa, die erste Bagging-Maschine, das heißt, wie diese Tüten bei uns in die Kisten kommen, das haben wir komplett automatisiert. Wir haben elektrische Picking Carts, wie wir sie nennen, also damit der Shopper nicht irgendwie am Ende einen 250-Kilogramm-Picking-Cart hinter sich herziehen muss, sondern sind die automatisch. Und so haben wir step by step immer wieder kleine Automatisierungen gemacht, physische Automatisierung.
MAX MEISTER: Ja, also das fand ich deswegen so interessant, weil wenn ich jetzt so Ocado zum Beispiel anschaue, die haben ja in der Verteillogistik erst Taxisystem. Aber die haben halt in der Back-End-Logistik fast alles automatisiert. So auch, das guckt von außen zumindest so aus. Und da, finde ich, sieht man irgendwie schon die Unterschiede ganz gut.
MANUEL STELLMANN: Ja. Genau. Also, um das vielleicht so ein bisschen/ Ocado, der hat ein bisschen anders angefangen, als wir. Wir wollten den Proof sozusagen zuerst beim Kunden machen, dass der Kunde wirklich auf dieses Konzept im wahrsten Sinne des Wortes abfährt, was wir haben. Und Ocado hat von der technischen Seite hinten rum angefangen, hat gesagt: „Das sind die Voraussetzungen, damit ich Lebensmittel wirklich dann auch profitabel online vertreiben kann.“ Nichtsdestotrotz, wenn wir jetzt dann in das Thema Automatisierung reingehen, also das Zentrallager, was wir gerade in Utrecht bauen, ist genauso technisiert wie die Läger, die Okado sozusagen gebaut hat mit dem Vorteil, dass wir praktisch aus den manuellen Lägern extrem viel lernen konnten, wie eigentlich das funktioniert, wie eine Kundenbestellung aussieht, wie viele Artikel da drin sind und dementsprechend das komplette Lager darauf dann auch auslegen konnten.
MAX MEISTER: Okay und wann soll das live gehen, das neue oder das erste Lager dieser Art?
MANUEL STELLMANN: Genau. Nächstes Jahr gehen wir damit live.
MAX MEISTER: Okay, kannst du sagen, wie viele/ Da werden ja wahrscheinlich größere Mengen für 10.000 Artikel liegen oder liegen da 30.000 Artikel mit Kleinmengen? Kannst du da einen Überblick geben?
MANUEL STELLMANN: Ja, liegen deutlich/ Also Sortimente sind ungefähr bei uns im Moment 10.000 Artikel, aber da ist noch deutlich Luft nach oben in der neuen Location.
MAX MEISTER: Thema, also eigentlich würde mich zu dem Thema Logistik noch interessieren, dass sozusagen das eigentliche Picken und dann in die Tüten bei euch legen, ist es auch automatisiert geplant in dem neuen Zentrallager oder noch manuell?
MANUEL STELLMANN: Also wir haben eine Goods to Person Picking-Anlage, also es ist noch ein manueller Vorgang. Also gerade, was Lebensmittel angeht. Und gerade, wenn du im Frischebereich dann bei Obst, Gemüse unterwegs bist, hast du, sagen wir mal so, die Hand-Auge-Kombination, die da der menschliche Körper sozusagen hat, ist extrem schwer zu replizieren oder zu automatisieren. Und da wir maßgeblich/ Also wir haben unheimlich hohen Frischeanteil, den wir ausliefern, ist der Prozess noch/ Also wir legen es immer noch physisch selber in die Kiste am Ende.
MAX MEISTER: Und eine Frage ist mir noch sozusagen eingefallen oder gekommen: Jetzt halt Corona hat euch natürlich da enormen Boost gegeben, jetzt wieder sozusagen der Blick zurück in Deutschland. Ist euer Geschäftsmodell, oder ist die Kundenerfahrung so sticky, dass sie alle bleiben? Oder rechnet ihr auch mit dem Trend, dass da ein paar wieder gehen, wenn wieder normales Shopping möglich ist?
MANUEL STELLMANN: Eine sehr gute Frage. Ich glaube, das wird die Zeit erst danach zeigen. Also ich glaube, dass das habit, ne, also das dauert ja immer eine gewisse Zeit, bis ein Verhalten geformt wird. Und ich glaube, dass Corona einen extremen Boost gegeben hat, was das angeht. Und sehr, sehr viele von den Kunden, die jetzt sozusagen dann auf Online-Lebensmittel umgestellt haben, auch dabei bleiben werden dann. Natürlich wird nur ein kleiner Teil irgendwie rausfallen, aber die Mehrheit hat sich dem ganzen Thema Online-Lebensmittel sehr, sehr offen gezeigt. Also, als wir angefangen haben, gab es in Deutschland irgendwie eine Penetration, eine Marktdurchdringung von einem Prozent. Jetzt sind wir irgendwo bei zwei bis drei Prozent. Und wenn wir das bei uns sozusagen auf die Städte angucken, was wir beispielsweise in Viersen machen, dann reden wir schon locker von fünf bis zehn Prozent, die da online über die, sozusagen über die Theke gehen.
MAX MEISTER: Ja, also das freut mich auf der einen Seite für euch. Aber das reduziert die Chance, dass ich in München demnächst beliefert werde. Also das ist kann ich schon/ Ja, freut mich für euch, aber vielleicht müsst ihr auch mal in die Region ein bisschen ausweiten.
MANUEL STELLMANN: Na klar, also für uns ist das eine Riesenchance, das Konzept immer weiter auszurollen. Wir wären auch gerne, also wir wären schon physisch gerne über die Grenzen von NRW hinausgegangen. Maßgeblich wird das im nächsten Jahr kommen, dass wir über die Grenzen hinausgehen werden. Aber das ist klar. Ja, das ist ein superwachsender Markt, wenn man sich die Wachstumszahlen anguckt. Also da sprechen wir nicht irgendwie von zehn, zwanzig Prozent, sondern sprechen wir von über hundert Prozent, die der Markt gerade wächst. Es sind superviele Chancen.
MAX MEISTER: Ja, also, wenn ich es richtig verstanden habe, hatte ja auch Edeka gesagt, sie setzen voll auf das Pferd Picnic. Das würden die auch nicht machen, wenn sich das nicht gut entwickelt. Und dementsprechend komme ich eigentlich schon zum Ende und wollte nochmal sagen, ich finde das Geschäftsmodell, das ihr habt, sehr, sehr spannend. Das Thema Supply Chain und wie ihr die Lieferanten einbindet, das würde mich mit Sicherheit auch nochmal im Detail interessieren. Aber auf jeden Fall super Geschäftsmodell bin ich ganz happy, dass wir da heute mal einen kleinen Blick unter die Motorhaube werfen konnten. Und vielleicht zum Abschluss: Was meinst du, sozusagen im Wettbewerb, dann in den Großstädten zu so diesen superschnell Lieferdiensten? Ist es ein Wettbewerb oder konzentriert ihr euch eigentlich eher auf das Thema, wir wollen einen größeren Anteil beim Kunden gewinnen? Wie seht ihr das?
MANUEL STELLMANN: Ich glaube, die Zukunft wird es zeigen. Also im Moment, würde ich sagen, wir zielen auf zwei unterschiedliche Einkäufer ab. Also wir sind stärker beim Wocheneinkauf und haben wirklich den One-Stop-Shop praktisch bei uns mit dabei. Das heißt, wir liefern dir alles, was du brauchst, ne? Also, ob das jetzt irgendwie Tiefkühlartikel sind, ob das Obst, Gemüse ist, ob das Fleisch ist und so weiter, ob das Brot ist. Wir haben alles mit dabei. Und auch in einer großen Vielfalt, dass du sozusagen deine Wünsche alle komplett decken kannst. Gerade die Fast Grocerys die jetzt sozusagen gerade sehr stark in der Expansion sind, ist ein sehr, sehr hoher Convenience-Gedanke, ne? Also praktisch der Moment: „Hey, ich möchte jetzt in zehn Minuten XY irgendwie haben. Also unsere Warenkörbe unterscheiden sich auch von der Höhe extrem voneinander. Deshalb, würde ich sagen, im Moment ergänzen sich die beiden Modelle unheimlich gut.
MAX MEISTER: Ja, okay. Also könnte ich mir ähnlich vorstellen. Ich bin mal gespannt, wie es auf jeden Fall rausgeht. Ich vermute mal, ihr sucht viele Mitarbeiter im Bereich Logistik, Einkauf, Supply Chain. Also da denke ich mal, dürfte mit Sicherheit viel Bedarf da sein, wenn sozusagen einer der Hörer oder Hörerinnen Interesse hat, ich stelle da gerne Kontakt her, leite ich auch gerne mal weiter. Und ja, bleibt mir eigentlich nur vielen Dank zu sagen, superspannend, was ihr macht und ich drücke euch die Daumen.
MANUEL STELLMANN: Ja. Max, hat superviel Spaß gemacht und wie du gesagt hast, richtig, wir expandieren ohne Ende. Wir brauchen Leute, um das Ganze irgendwie möglich zu machen. Also kommt gerne auf uns zu.
MAX MEISTER: Okay, super, danke dir, Manuel.
MANUEL STELLMANN: Gerne. Ciao.
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